Taucha. Weil es in Tauchas „Ökologischem Wohn- und Gewerbepark“ nicht wie geplant voran geht, zog der Stadtrat jetzt die Notbremse. In der Februar-Sitzung wurde die Beendigung der öffentlichen Erschließung beschlossen. Das hat womöglich weitreichende Folgen: Immerhin geht es um Fördermittel in Höhe von rund 460000 Euro, die jetzt an das Regierungspräsidium Leipzig zurückgezahlt werden müssten. Verantwortlich für das Projekt an der B87, Am Steinbruch 2, ist Hans-Jochen Schneider. Der Geschäftsfüher der Umweltschutz- und Entsorgungsgesellschaft mbH & Co. KG (UWE) will die Rückgabe der Fördermittel noch verhindern und seinen Verpflichtungen nachkommen.
Um zu verstehen, was beschlossen wurde und worum es geht, ist ein Rückblick notwendig. Bereits im Jahr 1991 beschäftigten sich die Stadt Taucha und Schneider mit der Erschließung des Areals. Eine ruhige Wohngegend und ein Steinbruchsee direkt vor dem Haus schienen optimale Bedingungen zu sein, um private Bauherren zu finden. Darüber hinaus sollte das davor befindliche Gewerbe-Gelände an der B87 für weitere Firmen attraktiv gemacht werden. „Weil der Grund und Boden dort nicht der Stadt gehört, war eine private Erschließung angedacht. Die zu bauenden Straßen sollten also nicht in das Eigentum der Kommune übergehen“, erklärt Bürgermeister Holger Schirmbeck die Hintergründe. Eine entsprechende Bebauungsplansatzung wurde erarbeitet, nach der an dieser Stelle die Erschließung hätte erfolgen können.
Allerdings kam es anders. „Professor Schneider trat 2002 an uns heran und sagte, die Situation habe sich verändert“, so Schirmbeck. Nun strebten die angesiedelten Unternehmen eine Neuordnung des Standortes an. Unter anderem war es für den Wohnpark nötig, dass die Straßen nun doch in die öffentliche Hand übergehen. Dieses Änderungsvorhaben gelangte allerdings nicht zum Satzungsbeschluss, da einige technische Dinge nicht geklärt werden konnten. „Da ging es vor allem um die Abwasserentsorgung und die Oberflächenentwässerung“, erinnert sich das Stadtoberhaupt. Nachdem diese Probleme aus der Welt geschafft waren, nahm Taucha das Vorhaben am 13. Oktober 2005 wieder auf.
Weil es sich nun um eine öffentliche Erschließung handelte, war die Stadtverwaltung in der Lage, dafür Fördermittel abzurufen. „Diese sollten aber nicht an uns übergehen, weil wir nicht über die Grundstücke verfügen. Unsere Aufgabe war es, die Fördermittel an die sich niederlassenden Unternehmen weiterzureichen und sicherzustellen, dass alle Bedingungen eingehalten werden“, erläutert der Bürgermeister. Diese Bedingungen waren unter anderem, dass sich nur förderfähiges Gewerbe niederlässt. „Im Wesentlichen also produzierendes Gewerbe und Firmen, die auch überregional eine Bedeutung haben“, sagt Schirmbeck. Ein Vertrag zwischen UWE und der Stadt Taucha regelte im März 2006 den Bezug der Mittel und die Überwachung der Förderbedingungen.
Im Laufe des Jahres 2007 teilte allerdings die zur UWE-Gruppe gehörende Fleck Containerdienst GmbH mit, ihren Geschäftsbetrieb einstellen zu wollen. „Plötzlich war die Situation wieder anders – wir wurden aufgeschreckt und befürchteten, dass die Erschließung nicht wie geplant vorangetrieben werden kann“, berichtet Schirmbeck. Vor allem die Abrechnung der Fördermittel war gefährdet, da bis zu diesem Zeitpunkt – und bis heute – keine der Maßnahmen umgesetzt wurden. „Wir müssen schließlich sorgsam mit den öffentlichen Mitteln umgehen“, sagt er.
Nun ist die Stadtverwaltung in der Situation, dass sie gegenüber dem Regierungspräsidium erklären muss, wofür die bislang abgerufenen 460 000 von insgesamt 600 000 Euro verwendet werden sollen. „Und das können wir nicht, da einfach nichts vorhanden ist“, meint Schirmbeck. Auch sei nicht mehr gesichert, dass die Firmen, die sich 2005 ansiedeln wollten, überhaupt noch am Areal interessiert sind: „Uns ist kein Unternehmen bekannt, dass sich dort niederlassen will.“ Darum habe der Stadtrat entschieden, die öffentliche Erschließung vorerst zu stoppen. Risiko und Verantwortung seien einfach zu groß.
Schneider sieht die Sachlage ein wenig anders. „Ja, es gab Probleme, aber ich habe auch ständig neue Zusicherungen gegenüber der Stadt gemacht. Bürgschaften beispielsweise, die mittlerweile höher sind als die Kosten der Erschließung“, verteidigt sich der 69-Jährige. Für den Unternehmer ist es wichtig, die Sache möglichst schnell und gütlich zu Ende zu bringen. „Ich bin doch in Taucha nicht irgendwer, ich habe doch schon so viel für die Stadt getan. Jede Schwierigkeit ist eine Möglichkeit zum Wachsen“, sinniert er und entwickelte darum eine Idee, von der „jeder etwas hat“, wie er sagt. Gemeinsam mit einer Grundstücksgesellschaft aus Stuttgart setzt er sich für eine Vermarktungsstrategie und ein privat aufgelegtes Finanzierungskonzept ein. Dieses könne, so Schneider, nicht nur auf sein eigenes Gelände, sondern auch auf das benachbarte städtische und noch leer stehende Gewerbegebiet Pönitzer Dreieck angewendet werden. Achim Teichmann, Geschäftsführer der zuständigen städtischen Gesellschaften reagierte auf LVZ-Anfrage erstaunt: „Ich kenne die Pläne nicht und wüsste auch nicht, warum ich mit Professor Schneider über das Pönitzer Dreieck sprechen sollte.“ Auch Michael König, erster Beigeordneter der Stadt Taucha weiß nichts von einer Einbeziehung des künftigen Gewerbegebietes. „Das hat ja mit dem vorliegenden Problem nichts zu tun“, sagt er.
Ein erstes positives Signal sieht Hans-Jochen Schneider mit dem diese Woche erfolgten Start von Erschließungsarbeiten. Am Steinbruch begannen die Kommunalen Wasserwerke mit ihren Arbeiten. Leitungen für Trink- und Schmutzwasser sollen gelegt werden. Und auch die derzeit noch schlammigen Zufahrtswege zu den Einfamilienhäusern sollen bis Jahresende der Vergangenheit angehören.
Ob dies die Fördermittel rettet, wird sich zeigen. Heute wollen Stadtverwaltung und Regierungspräsidium darüber sprechen.
Erschien in der Leipziger Volkszeitung vom 29. Februar 2008.