Taucha. Realschüler der siebten Klasse haben alles Mögliche im Kopf. Ein konkreter Berufswunsch gehört nur in seltenen Fällen dazu. Ein Umstand, dem die Mittelschule Taucha seit Jahren mit einer gezielten Berufsvorbereitung entgegenwirkt. „Haben wir zuerst nur punktuell angesetzt, entwickelten wir im Laufe der Zeit ein ganzes Konzept, wie Schüler bereits ab der siebten Klasse langsam an die Berufswahl herangeführt werden können“, erzählt Christine Simon, stellvertretende Schulleiterin. Bereits im dritten Jahr wird dieses Konzept durch den Berufswahlpass ergänzt, den die Schüler vor den Ferien erhielten.
Herausgegeben wird der Pass, der vielmehr ein ganzer Ordner als nur ein Pass ist, von der Sächsischen Arbeitsstelle für Schule und Jugendhilfe. In ihm können die Schüler später „das Leben aufblättern“, wie es Christine Simon formuliert. Derzeit ist er noch fast leer – bis auf die Hinweis- und Erläuterungsblätter. Ulrike Denkinger, Sozialarbeiterin an der Mittelschule erklärte vor der 7b den Aufbau: „Der Pass besteht aus vier Teilen: Angebote zur Berufsorientierung, Wege zur Berufswahl, Dokumentationsteil und Lebensordner.“ Gefüllt wird der Hefter unter anderem mit einem persönlichen Profil, Zertifikaten über schulische und außerschulische Leistungen und Unterrichtsmaterialien aus verschiedenen Fächern. Der Lebensordner ist dann echte Lebenshilfe in den ersten Berufsjahren. Er zeigt Zuständigkeiten von Ämtern, gibt Tipps im Umgang mit Geld oder berät zur ersten eigenen Wohnung.
„In den ersten zwei Jahren geht es vor allem darum, für sich zu klären, wer man ist und wohin man will. Die Schüler sollen sich mit den eigenen Interessenbeschäftigen, Vorlieben und Abneigungen, also ihre Stärken und Schwächen herausfinden“, so Denkinger. Ab der Klasse 9 soll der Berufswahlpass gezielt bei der Orientierung nach einem Ausbildungsberuf helfen. „Immerhin gibt es über 340 davon, da will es vorher genau überlegt sein, was einem Spaß macht und was nicht“, merkt Denkinger an.
Einige Schüler wissen bereits jetzt, wohin ihre berufliche Laufbahn führen soll. „Krankenschwester, weil ich anderen Menschen helfen will“, sagt beispielsweise Mariam Jaabous. Und Julia Zinke würde am Liebsten als Kindergärtnerin arbeiten. Andere sind noch unentschlossen. „Was mit Tieren vielleicht“, so eine andere Schülerin. Bei den Jungs der Klasse herrschte Ratlosigkeit. „Hier kann der Pass helfen, denn wer sich selbst kennt, wird schnell merken, wofür er begeisterungsfähig ist“, meint die Sozialarbeiterin. Aber auch die Eltern sind gefragt. „Die müssen ihre Kinder einschätzen und regelmäßig kontrollieren, was ihre Schützlinge eingeheftet und angefertigt haben“, ergänzt Christine Simon. Nachweise über Praktika oder andere außerschulische Aktivitäten bezüglich der Berufsvorbereitung gehören unbedingt mit hinein. Auf die sorgfältige Führung des Ordners kommt es an, weiß Denkinger: „Immer mehr Ausbildungsbetriebe kennen den Pass und fragen danach.“
Erschien am 26. März 2008 in der Leipziger Volkszeitung.