Unendliche Geschichten vom Schwarzen Berg

Taucha. Wenn jemand über zweieinhalb Stunden zu einem Thema redet, kann man davon ausgehen, dass er sich ganz in seinem Element befindet. Wolfgang Rumpelt ist so einer. Der Vorsitzende des Leipziger Vereins für Luftfahrt hatte dieser Tage in Tauchas Ratssaal geladen, um über die Geschichte des Flugplatzes am Schwarzen Berg und die Luftfahrt im Leipziger Raum zu referieren. Der Einladung folgten etwa 25, zumeist ältere Männer. Zeitzeugen, die sich auf Fotos wiedererkannten, die Rumpelt per Projektor an eine Leinwand warf. Sein Vortrag bestand aus etlichen solcher Bilder und Dokumente, die er in „jahrzehntelanger Kleinarbeit“, wie er sagt, zusammentrug.

Zu hören gab es viel Interessantes. Über die Eröffnung des Segelfliegerlagers sagte Rumpelt: „Das war am 31. Oktober 1931. Nötig wurde das Lager, weil nur an den Wochenenden Flüge durchgeführt wurden und die Piloten aus dem weiten Umland Leipzigs kamen. Sie übernachteten im Lager und starteten am nächsten Morgen wieder.“ Aus Anlass der Eröffnung gab es eine Sternfahrt. „Mit etwa 500 Fahrzeugen“, zeigte sich der Luftfahrtexperte begeistert. Jene Fahrzeuge verfolgten den Ballon „Leipziger Messe II“, der erstmals vom Schwarzen Berg startete. „Alles was Räder hatte, fuhr hinter dem Ballon her. Wer zuerst dem Fahrer die Hand schüttelte, gewann einen Preis.“

Zur Vorkriegszeit gehört auch die Machtübernahme durch die Nazis. Von der folgenden Gleichschaltung der Sportverbände konnte Rumpelt ebenso berichten. „Am 1. April 1933 gab es noch eine Jahreshauptversammlung, doch bereits am 7. Mai wurde der damalige Leipziger Verein für Luftfahrt und Flugwesen aufgelöst.“ Auf ihn folgte der Deutsche Luftsportverband und seine NSDAP-Ortsgruppen. „Die waren straff organisiert, schließlich war es erklärtes Ziel Görings, das deutsche Volk zu einem Volk von Fliegern zu machen“, erklärte der 61-jährige Rumpelt. Die Flieger-Ortsgruppe Taucha war dabei 1934 eine von dreien im Leipziger Land.

Der Stützpunkt Schwarzer Berg wurde seinerzeit stetig ausgebaut. „Ende Mai 1937 erfolgte der erste Spatenstich für eine neue Segelflugzeughalle. Ziel war es, den Standort Taucha noch mehr als bisher für die Schulung des fliegerischen Nachwuchses auszustatten. Neue, größere Hallen sollten entstehen“, informierte Rumpelt. Ein Jahr später verdichteten sich die Anzeichen für einen Krieg. Entsprechend militärisch gewichtet waren die Nachrichten der Zeit. Am 1. April 1939 etwa, so schrieben die Leipziger Neuesten Nachrichten, wurden 89 Hektar Flur der Stadt Leipzig nach Mockau umgeflurt: Das Gelände der späteren Mitteldeutschen Motorenwerke (Mimo) und der Fliegerschule, die im Mai abgerissen wird (wir berichteten).

Unter den Zuhörern war auch Fritz Bernd, ehemaliger Werkslehrling der Mimo. „Ich hab die Zeit komplett miterlebt, bin damals in Uniform auf Arbeit gegangen und auch geflogen“, so der 80-jährige Leipziger. „Den Vortrag habe ich verfolgt, weil ich noch einmal die Historie hören wollte. Es ist schön, dass sich jemand so umfassend damit beschäftigt“, meinte er.

Seit 1990 erforscht Wolfgang Rumpelt die Geschichte der Fliegerei rund um Leipzig, sammelt jeden Schnipsel und jede Information, die er bekommen kann. Früher war er Schlepp-Pilot in Taucha und auch ehrenamtlicher Motorflieger bei der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) in Mockau. Sein Traum ist ein Buch, in dem er alle Recherchen und Zeitdokumente veröffentlichen kann. „Es gibt zwar einige Bücher, die dort enthaltenen Infos sind aber lückenhaft und teilweise auch falsch.“ Bislang fehlt es laut Rumpelt an einem Verlag, der ernsthaftes Interesse hat. Einen Anlass für ein Buch gäbe es: Den 80. Geburtstag des Flugplatzes Schwarzer Berg im September.

Erschien am 30. April 2008 in der Leipziger Volkszeitung.