Seegeritzer beklagen Nachtfluglärm

Taucha. Wenn Peter Sundermann abends zu Bett geht, fragt er sich, wie lange er wohl diesmal schlafen kann. Denn seit der Eröffnung des DHL-Hauptumschlagplatzes, so der Seegeritzer, sei sein Nachtschlaf kürzer als früher. „Ich habe eigentlich einen sehr tiefen Schlaf, da gehört schon einiges dazu, mich zu wecken“, sagt er. Schaffen würden dies „die lauten Frachtmaschinen von DHL und anderen Logistikunternehmen. Die fliegen hier regelmäßig sehr tief über uns. Ich konnte einmal quasi direkt ins Cockpit schauen“.

Diese Probleme und Sorgen vorzutragen war Sundermanns Anliegen, der gemeinsam mit drei weiteren Bürgern des Tauchaer Ortsteils Seegeritz diese Woche bei Bürgermeister Holger Schirmbeck (SPD) vorsprach. Wie dieser zur DHL-Ansiedlung stehe, wollten sie wissen. Und ernteten klare Worte: „Ich denke nach wie vor, dass das Luftdrehkreuz ein Segen für die Region ist und freue mich darüber. Nicht nur als Politiker, sondern auch als Privatmann, weil ich glaube, dass die Ansiedlung einen Schub für die Region bringen wird.“ Darum stelle sich für Schirmbeck nicht die Frage „nach dem Entweder-oder. Vielmehr müssen die Beteiligten sicherstellen, dass der Flugbetrieb so funktioniert, wie er im Planfeststellungsverfahren angenommen wurde“, so das Stadtoberhaupt. Natürlich nehme er aber auch kritische Stimmen in Taucha wahr, wenngleich bislang nur eine einzige Frau bei ihm vorgesprochen hätte. „Die hat sich aber weniger über den Nachtlärm, sondern über die Flugzeuge am Tag beschwert“, führte er aus.

Ob solcher positiver Stimmen über den gelb-roten Logistiker wollte der Seegeritzer Peter Hauptfleisch wissen, ob Schirmbeck womöglich in einem Gremium tätig sei, das dem Flughafen nahe stehe. Was dieser verneinte, vor Vorverurteilungen warnte und deutlich machte, durchaus auch kritische Stimmen zu hören und diese natürlich zuzulassen: „Ich bin ein Vertreter der Bürger Tauchas, warum also sollte ich deren Sorgen nicht ernst nehmen?“

Die Sorgen der Betroffenen seien so umfassend, dass sie schon in Wut umschlagen würden. „Wut über die Flugzeuge, die ab 23 Uhr bis morgens um vier im Zweiminutentakt hinter unserem Schlafzimmer entlang fliegen“, verdeutlichte Peter Sundermann. Seine Nachbarin Stephanie Hipper hatte zur besseren Veranschaulichung eine Unterschriftenliste mit. „Hier haben 80 besorgte Tauchaer unterschrieben“, sagte sie. Beim schnellen Durchblättern fielen Schirmbeck aber auch Unterschriften von Leipzigern auf. „Im Waldstraßenviertel gibt es Fluglärm?“, fragte er verwundert. „Ja, die haben damit zu kämpfen, es haben auch einige unterschrieben, die nicht betroffen sind, sich aber mit uns verbünden wollen“, so Hipper. In Seegeritz selbst sei der Lärmpegel so hoch, dass einige Hausbesitzer bereits das Schlafzimmer von den oberen in die unteren Räume verlegt hätten. Der Widerstand wachse zunehmend, wobei Hipper auch Resignation spüre. „Es gibt Stimmen, die bereits verstummen, weil man doch eh nichts machen könne. Das kann und darf einfach nicht sein, denn Lärm ist ein erheblicher Mangel an Lebensqualität.“

Schirmbeck hat für sich zwei Fakten ausgemacht: „Erstens, dass zum Teil lautere Maschinen eingesetzt werden, als anfangs gesagt wurde. Dazu gab es bereits Gespräche mit Flughafenchef Eric Malitzke, der aber an der Situation auch nicht sofort etwas ändern kann. Und zum zweiten ist es wohl so, dass die Nord- und Südlandebahn nicht zu gleichen Teilen genutzt werden, wie es im Planfeststellungsverfahren festgeschrieben wurde.“ Nun sei es an den Verantwortlichen, den Lärm, den ohnehin jeder anders wahrnehmen würde, so erträglich wie möglich zu machen. Seine Einflussmöglichkeiten, so der Bürgermeister, seien begrenzt. Aber er wolle die Problematik am 2. Juli in den Umweltausschuss einbringen und Vertretern der Lärmschutzkommission mitteilen, dass es auch in Taucha Betroffene gibt. „Das können Sie von mir erwarten“, sagte er.

Für Stephanie Hipper war nach dem Gespräch klar, dass sich „so schnell nichts an unserer Situation ändern wird. Hier werden einige Menschen regelrecht geopfert für den Teil der Allgemeinheit, der sich einen wirtschaftlichen Aufschwung erhofft“, meinte sie. Einen Wegzug aus Seegeritz hätte ihre Familie bereits in Erwägung gezogen. „Die wirklichen Verlierer sind aber diejenigen, die nicht weg können, weil sie ihr Haus noch abzahlen müssen.“

Erschien am 19. Juni 2008 in der Leipziger Volkszeitung.

3 Gedanken zu „Seegeritzer beklagen Nachtfluglärm

  1. > Ich konnte einmal quasi direkt ins Cockpit schauen

    Ich frage mich ja ernsthaft wo dieses Flugzeug in Leipzig abgestürzt ist! Ernsthaft: Von Großkugel bis zum Flughafen sind es Luftlinie zwei Kilometer, da kann ich noch immer in *kein einziges* Cockpit schauen. Von Taucha aus sind es wesentlich mehr Kilometer. Bedeutet: Entweder sind die im Tiefflug über Leipzig und haben vom Messe-Hochhaus das drehende M runtergeholt, oder sie sind irgendwo in Mokau abgestürzt …. :o)

  2. Tja, ganz ehrlich – ich musste sehr an mich halten beim Termin, war ja nur als Beobachter dabei und nicht als Beurteiler. Ich glaube auch, da wird sehr viel hochgespielt. Seegeritz ist von hier 2 Kilometer weg. Und ich höre keine Flugzeuge.

  3. also in merkwitz kann man nicht ins cockpit schauen, aber vielleicht kann man mal mit der DHL reden dass sie 500 meter weiter nach rechts fliegen damit ich mir das auch mal ansehen kann 🙂

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