Anwohner rufen Polizei und ziehen in Laube

Taucha. Der nächtliche Lärm, den Bauarbeiter am Bahnübergang Graßdorfer Straße in der Nacht von Freitag auf Sonnabend verursachten, beschäftigt weiter die Gemüter. Wie gestern bekannt wurde, rückten am Sonnabendmorgen doch noch Beamte des Polizeirevieres Taucha aus, um sich vor Ort ein Bild der Lage zu machen. Vorausgegangen war der Anruf einer Anwohnerin, die eine halbe Stunde lang schilderte, dass sie aufgrund des Kraches nicht schlafen könne. „Ja, wir waren dort und haben die Dinge geprüft“, bestätigte gestern Revierleiter Klaus Konopka. Allerdings waren den Polizisten die Hände gebunden, denn alle nötigen Genehmigungen lagen vor. „Wir haben dann nur darauf hingewiesen, lärmintensive Arbeiten auf ein Minimum zu beschränken“, so Konopka.

Auch Bürgermeister Holger Schirmbeck (SPD) erreichten die Anwohnerproteste. „Ich habe zugesichert, dass ich mich kundig mache über den Sachverhalt und sehe, was ich tun kann. Leider habe ich am Ende nichts ausrichten können. Fakt ist, dass die Arbeiten durchgeführt werden müssen und sie aufgrund der Technik Lärm verursachen. Natürlich muss man an die ausführenden Firmen appellieren, ihre Arbeiten so zu organisieren, dass man nicht gerade nachts das lauteste Gerät benutzt“, erklärt das Stadtoberhaupt.

Wie viel Krach Anwohner vor ihrer eigenen Haustür ertragen müssen, ist gesetzlich nicht klar geregelt. Wie Johannes Herhold, Referent für Lärmschutz am Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie ausführte, gebe es zwar ein Bundesimmissionsschutzgesetz. „Allerdings ist dort nirgends ein Dezibel-Wert definiert. Dafür stehen in der Verwaltungsvorschrift solche Werte, allerdings mit der Ausnahme, das im Einzelfall zu prüfen ist, inwieweit man von diesem Wert doch abweichen darf. Lediglich für den Neubau einer Strecke, sei es Straße oder Schiene, gibt es endgültige Grenzwerte“, führt Herhold aus. Im vorliegenden Falle sei die Sachlage ohnehin kompliziert, da sich die Deutsche Bahn nicht durch Verwaltungsvorschriften einer Landesbehörde kontrollieren lässt. Die nächste zuständige Behörde sei das Eisenbahnbundesamt.

Was bleibt ist wohl nur die Empfehlung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft. Dieses schreibt zum Thema Lärm auf ihrer Internetseite: „Gelassenheit hilft Nerven schonen! Als Lärmbetroffener immer daran denken, dass Lärm nur zu einem Teil durch die Lautstärke des Störgeräusches verursacht wird. Ebenso wichtig ist die persönliche Einstellung zur Geräuschquelle. Daher sollten Sie bei kurzzeitigen Lärmereignissen versuchen, die Ruhe zu bewahren.“

Ein Anwohner soll nach Aussagen von Nachbarn am Wochenende schon sein ganz persönliches Fazit aus der Ruhestörung gezogen haben: Er fuhr zum Schlafen in seine Gartenlaube.

Erschien am 11. November 2008 in der Leipziger Volkszeitung.

3 Gedanken zu „Anwohner rufen Polizei und ziehen in Laube

  1. Dann machts ja sicher nichts, dass ich den Werbelink entfernt habe. Gern informiere ich Sie über Möglichkeiten, hier kostenpflichtig Werbung zu schalten.

  2. Interessant dabei ist, das eine private Aktiengesellschaft (auch wenn mit Beteiligung des Bundes) durch Bundesgesetze vor den Rechten der Bürger (auf Nachtruhe) geschützt wird und im weiteren Sinne gegenüber Mitbewerbern (Bahnen mit reinen privaten Aktionären) dadurch Wettbewerbsvorteile erhält.

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