Taucha. Seit mehreren Jahren beschäftigt Tauchas Stadtrat ein Wortkonstrukt, das es in sich hat. Am Donnerstagabend nun stand der „Beschluss der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für straßenbauliche Maßnahmen der Stadt Taucha“, oder kurz: die Straßenausbaubeitragssatzung, zur Abstimmung.
Das Thema ist hochsensibel und insofern hatte Bürgermeister Holger Schirmbeck (SPD) eigentlich mehr interessierte Tauchaer erwartet, die der Stadtratssitzung folgen würden. Doch die Besucherplätze waren nicht mehr gefüllt als bei anderen Sitzungen auch. Dafür bezeichnete er die Zahl der anwesenden Stadträte als „rekordverdächtig“. Nur einer der 23 Mitglieder fehlte – Falk Porzig (CDU) ließ sich entschuldigen. Die Beschlussfähigkeit war also locker erreicht und darum bat Schirmbeck auch, „nach der umfangreichen Tätigkeit der vergangenen Jahre nun zum Ab- und Beschluss zu kommen.“
Zur Abstimmung lag die Senkung der Beitragsprozentsätze von jetzt 75 auf 30 Prozent bei Anliegerstraßen, von 50 auf 20 Prozent bei Haupterschließungsstraßen sowie von 25 auf zehn Prozent bei Hauptverkehrsstraßen. Stadtrat Ulrich Grüneisen (CDU) stellte jedoch den Antrag, die Sätze auf 55, 35 und 15 Prozent festzulegen. Als Gründe nannte er die instabile Einnahmesituation bei der Gewerbesteuer, die Auswirkungen der Finanzkrise und etwaige Beschwerden der Kommunalaufsicht. Zudem würde die Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt ansteigen. Außerdem befürchte er eine Reduzierung von Leistungen, etwa beim Zuschuss für Vereine oder für das Schulwesen. Das im Laufe der Diskussion über die Beitragshöhe immer wiederkehrende Argument der Anwohner, bei mangelnder Zahlungsfähigkeit an den Rand der Existenz gedrängt zu werden, ließ er nicht gelten. „Das ist für mich nicht erkennbar“, sagte Grüneisen. Sein Fraktionskollege Ralph Nietzschmann stellte daraufhin den Antrag, die Satzung ersatzlos zu streichen, die Bürger also von einer Beitragspflicht zu befreien. „Diese Satzung ist zutiefst ungerecht, sie berücksichtigt nicht den Zustand der Straßen, bringt keine Werterhöhung der Immobilien und unterstellt automatisch die Zahlungsfähigkeit des Eigentümers“, verlas er seinen Antrag, worauf verhaltener Applaus aus den Reihen der anwesenden Bürger folgte. Thomas Kind (Die Linke) nannte dies einen „kühnen Sprung“ Nietzschmanns. Beide Anträge von Grüneisen und Nietzschmann wurden aber mehrheitlich abgelehnt. Die eigentliche Sitzungsvorlage fand bei 13 Stadträten die Zustimmung, neun stimmten dagegen. Somit war die Straßenausbaubeitragssatzung mit den Prozentsätzen 30, 20 und zehn eine beschlossene Sache.
Michael Gras, Sprecher der Bürgerinitiative Engelsdorfer Straße, zeigte sich vorsichtig zufrieden. „Für uns gab es nur das Ziel der Abschaffung der Satzung. Insofern ist der heutige Beschluss nicht ganz zufrieden stellend, ergibt aber dennoch eine positive Situation“, sagte er. Gras dankte Bürgermeister Schirmbeck im Anschluss an die Sitzung für die „jahrelange konstruktive Zusammenarbeit“, machte aber auch deutlich, dass es nun immer noch Anwohner gebe, die benachteiligt würden. „Letztlich kann man die Satzung drehen, wie man will. Ungerecht wird sie immer sein.“
Erschien am 14.02.2009 in der Leipziger Volkszeitung.