Wer soll das alles lesen?

LVZ-Online bloggt nun also. So richtig „Hallo“ haben wir noch gar nicht gesagt. Soll aber hiermit geschehen sein. Kollegin Juliette hat es sich mittlerweile in ihrem Hinterstübchen bequem gemacht, kann jetzt auch mit dem IKEA-Inbusschlüssel umgehen und ist eher so die literarisch-poetische Autorin hier. Anne schreibt direkt vom Handball-Spielfeld und gibt Einblicke in das Leben der Bundesliga-Frauen des HCL. Und Hahn im Korb der LVZ-Bloggerinnen bin ich. 🙂

Dass die LVZ nun bloggt, wurde, sagen wir mal, zur Kenntnis genommen. Einen Aufschrei (der Begeisterung, des Entsetzens oder der Verwunderung) gab es nicht. Kurz nach dem Start wurde ich interviewt, auf Twitter haben manche „unglaublich!“ und andere „endlich!“ gerufen. Das war’s dann.

Fast. Denn ein Print-Kollege, der die Blog-Aktivitäten mitbekam, fragte mich: „Das ist ja alles ganz gut und schön. Aber wer soll das alles lesen?“ Die Frage verwunderte mich, doch sie war ernst gemeint. Ich stellte die Gegenfrage: „Hast Du Dir mal die LVZ vom Wochenende angeschaut? Wer soll DAS denn alles lesen? Oder hast jemals eine Welt am Sonntag komplett durchgelesen? Oder die Süddeutsche an einem normalen Wochentag?“ Ganz ehrlich: Etwa 70 Prozent der gedruckten LVZ lese ich nicht, oder zumindest nicht regelmäßig. Man muss auch eine Zeitung nicht komplett lesen. So wie man natürlich auch nicht alle Blogs lesen muss.“

Okay, so wäre das auch nicht gemeint, entgegnete der Kollege. „Vielmehr habe ich die Befürchtung, dass man sich im Netz zu sehr verzettelt. Ein spezielles Blogs dafür, ein anderes für jenes Thema und so weiter. Am Ende bleibt doch für ein Blog nur eine ganz kleine Zielgruppe übrig.“ Da hatte er recht. „Ja, so ist das. Schau Dir das Fernsehen an. Es gibt Sportkanäle, Musikfernsehen, Wetterkanäle und Soap-Sender. Die haben ihr Angebot genau auf die Zielgruppe zugeschnitten. Nichts anderes macht übrigens eine Zeitung. Oder warum teilt ihr das Blatt nach Ressorts in verschiedene Bücher ein?“

So richtig zielführend war unsere Diskussion dann nicht. Der Kollege befürchtete wohl ein „Überangebot“ an Informationen, die am Ende keiner braucht und keiner liest. Oder zumindest er nicht braucht und liest. Ich hielt dagegen, dass es immer eine Zielgruppe gibt, wenn man sich speziellen Themen widmet. Und irgendwie erschien mir die Debatte sowieso mindestens fünf Jahre zu spät. Was blieb, war eine Frage: War er das, dieser viel zitierte „Streit“ zwischen Journalist und Blogger, von dem ich dachte, er sei längst beendet?

2 Gedanken zu „Wer soll das alles lesen?

  1. Wer soll es lesen? Ich!

    Ich lese ca. 90% Online und 10% Print. Viele verstehen es eben noch nicht, die Digitalisierung schreitet extrem schnell voran. Es wird trotzdem immer Print geben aber vielleicht mehr zum Nischenprodukt werden, genauso wie es mit Vinyl derzeit in der Musikbranche ist.

  2. Ich bin immer wieder überrascht, wie sehr Printmedien die Digitalisierung der Medienwelt verschlafen haben. Sie findet nicht erst seit gestern statt. Zahlreiche Chancen bleiben ungenutzt und das ist schade. Wer sich aber ernsthaft mit der Diskussion beschäftigt, wird feststellen, dass es die Tageszeitungen sein werden, die ihr bisheriges Publikationsverhalten ändern müssen. Denn: 90 Prozent der Nachrichten in der heutigen Zeitung habe ich bereits gestern im Netz gelesen. Und das ist die eigentliche Herausforderung für die Printmedien.

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