Am Stammtisch wird die große Politik gemacht und werden die wichtigsten Entscheidungen getroffen, heißt es. Aber auf jeden Fall wird dort viel geredet. Auch Taucha hat so einen Stammtisch. Seit zehn Jahren treffen sich im Ratskeller einmal im Monat Mitglieder aus Wirtschaft und Kirche, um in lockerer Atmosphäre sprichwörtlich über Gott und die Welt zu philosophieren. Ins Leben gerufen wurde das regelmäßige Treffen von Prof. Dieter Nadolski, dem Chef des Tauchaer Verlages. „Ich schrieb im Januar 1997 einen Brief an verschiedene Leute. Grundgedanke war, einen Stammtisch zu etablieren, an dem sich Leute treffen, die täglich ihren Mann stehen und einen Abend lang einfach mal Müßiggang üben wollen“, zitiert er die entsprechenden Zeilen aus dem Brief.
Einen Monat später traf er sich dann mit Pfarrer Michael Gehre, Zahnarzt Peter Kind, GBV-Chef Achim Teichmann, Rechtsanwalt Frank Küas, Sparkassen-Abteilungsleiter Bodo Stoldt, Kinderarzt Prof. Peter Bührdel und Biochemiker Prof. Klaus Jung zum ersten Mal. Gründungsmitglied war auch Reinhard Pudmensky, Chef einer Leipziger Hausverwaltung, der zwischenzeitlich aber verstarb. Neu dabei ist darum Bauunternehmer Dirk Förster, der allerdings zum Jubiläum am Donnerstag im Urlaub war.
Dafür war Landrat Michael Czupalla der Einladung gefolgt. „Wenn sich so eine Männerrunde regelmäßig trifft, ist das eine tolle Sache und ich hoffe, Ihre Frauen sitzen auch regelmäßig zusammen“, so Czupalla. Das allerdings mussten die Stammtischmitglieder verneinen. „Die kennen sich, mehr nicht“, so Dieter Nadolski. Der Landrat beantwortete Fragen zur Kreisgebietsreform, dem Lieblingsthema Czupallas, der sich „riesig“ freut „auf die Aufgabe“, wie er sagte.
Solch hochpolitische Themen gäbe es aber nicht zu jedem Stammtisch. Ein konkretes Ziel oder einen Anspruch habe das Treffen auch nicht, hieß es. Für Taucha und seine Einwohner seien darum in den zehn Jahren auch keine Ergebnisse spürbar geworden. Achim Teichmann scherzte nur: „Wir haben hier am Tisch beschlossen, dass in die Becken des neuen Stadtbades Wasser eingelassen wird.“ Trotzdem fördere das Zusammensein der Männer den Dialog untereinander, was auch im beruflichen Alltag helfe.
Dass alle Herren am Donnerstagabend Fliegen trugen, hatte einen traditionellen Grund. „Alle fünf Jahre tragen wir die, das ist ein Ritual“, so Küas schmunzelnd. Eine richtige Tradition: Einmal im Jahr treffen sich die Stammtischler zu einer Fahrt mit kulturellem Anspruch. Dieses Jahr soll es nach Bautzen gehen. Michael Czupalla indes lud zu einem Rundgang durch Bad Düben oder zur Werksbesichtigung bei Porsche beziehungsweise BMW ein.
Erschien am 10.02.2007 in der Leipziger Volkszeitung.