Erkenntnis: Konzerte und Feuerwerke sind laut

Mir tun die Anwohner rund um das Zentralstadion sehr leid. Da ziehen sie an den Brennpunkt der Stadt, an dem Konzerte und andere Open-Air-Veranstaltungen stattfinden und dann regen sie sich über „Lärmbelästigung“ auf. Wie jetzt wieder in den Kommentaren bei heldenstadt.de. Herbert Grönemeyer oder seine Mannen haben es sich doch glatt erlaubt, einen Soundcheck zu machen. Und – oh welch Erkenntnis – bereits der war laut. Genervt fühle man sich jetzt. Wahnsinn. Ich frage mich manchmal, ob wir wirklich die Großstadt sind, die wir vorgeben sein zu wollen. Da kommen große Künstler in unsere Stadt, starten hier ihre Deutschlandtournee und dann haben wir uns mimosenhaft, wenn ein paar Tage mal Krach ist. Sofern man ein Konzert als Krach bezeichnen kann. Da gibts sicher schlimmeren Krach.

Anderes Beispiel, gleiches Problem: die Kleinmesse und ihre sonnabendlichen Feuerwerke. Seit Jahrzehnten finden die statt. Jetzt, im 21. Jahrhundert muss man sich plötzlich drüber aufregen und erwirken, dass diese nicht mehr an allen Sonnabenden während des Volksfestes stattfinden dürfen. Ergebnis: die Schausteller, die sich ohnehin schon eher mit sich selbst beschäftigen, als Gäste zu bespaßen, schauen an dem Sonnabend in die Röhre.

Irgendwie müssen sich einige Leute mal entscheiden, was sie wollen. Entweder in einer Stadt wohnen, die sich immer mehr zum positiven entwickelt und das Potenzial hat, zur Weltstadt zu werden oder in einer nichtssagenden ostdeutschen Provinz ihr kleines Leben mit ihren Paragraphen und Verordnungen zu leben.

12 Gedanken zu „Erkenntnis: Konzerte und Feuerwerke sind laut

  1. Leipzig – das größte Dorf Deutschlands, das ist mein Spruch zu solchen Dingern.

    Ich geb dir völlig recht.

  2. Daniel, Du bist doch nur sauer, daß Du im fernen Taucha trotz geöffneten Fensters nichts mehr mitbekommst. :mrgreen:

    Das mit der Häufigkeit von Feuerwerken kann ich aber nachvollziehen – weil’s ganz einfach nichts besonderes mehr ist.

  3. Naja, im Falle der Kleinmesse ist es doch was besonderes, das zieht immernoch Familien an. Habe mit Schaustellern auf der Kleinmesse gesprochen, die von merklichem Besucherschwund sprechen, wenn kein Feuerwerk ist. Haben sie sauber hingekriegt, die Waldstraßenbewohner.

  4. Wobei das vermutlich auch einfach ein fieser Zusammenhang zwischen der Kaufkraft der Region und den (sicher berechtigten) Preisen auf nem Rummel ist. Ist hier vermutlich einfach nicht so die Gegend dafür, leider. War das letzte Mal vor einigen Jahren dort und war von den Preisen schon ein wenig geschockt.

    Übrigens ist doch demnächst WM der Feuerwerker auf der Festwiese am Stadion, mal sehen was da dann losgeht.

  5. Ja, das ist mir eh ein Rätsel, dass da noch keine Petition der IG Waldstraße vorliegt. Die wollen doch nicht nachlässig werden?

    Was die Preise angeht: klar hat auch die Situation in den Geldbörsen der Leute damit zu tun. Trotzdem ist es richtig, was die Schausteller sagen: wer mit dem Kind zum Feuerwerk kommt, der lässt es auch einmal dort und einmal dort fahren und kauft ihm nen Schokoapfel oder eine Tüte Kräppelchen. Ohne Feuerwerk kommt aber kaum einer.

  6. Nur um das mal klarzustellen: Genervt ist der gemeine Waldstraßenanwohner nicht von einem kleinen Soundcheck. Sowas ist man ja gewohnt, schließlich ist im Stadion öfter mal was los. Aber ich würde gerne deine Reaktion erleben, wenn du zwei Tage lang jeden Nachmittag (ca. 13-20 Uhr, vielleicht auch länger) mit deutlicher Lautstärke beschallt werden würdest. Ich habe nichts gegen Grönemeyer (auch wenn ich die Musik vielleicht nicht unbedingt mag), auch nichts dagegen, dass er probt bzw. einen Soundcheck macht, aber warum zum Teufel darf ich nicht mal genervt sein, ohne gleich als kleinkarierter Spielverderber zu gelten? Soll ich mich etwa freuen, dass ich mich bei der Arbeit nicht vernünftig konzentrieren kann?

    Was die Feuerwerke der Kleinmesse angeht: Beschwerden durch Anwohner gab es meines Wissens auch schon in den vergangenen Jahren. Die Stadt hatte die wohl nur nicht soo ernst genommen. In diesem Jahr gab es dann erstmals die Auflage, die Zahl der Feuerwerke zu beschränken.

    Ich persönlich finde, dass es sowohl für die Interessen der Schausteller als auch der Anwohner vernünftige Argumente gibt. Klar wollen und sollen die Schausteller die Attraktivität der Kleinmesse erhöhen. Andererseits klingen die Feuerwerke wirklich fast wie Geschützdonner – ich kann mir vorstellen, dass das Kindern nachhaltig Angst einjagt (abgesehen davon, dass sie nicht schlafen können). Insofern scheint mir ein Kompromiss zwischen „in der Kleinmessezeit jeden Samstag ein zehnminütiges Feuerwerk um 22:45“ und „kein Lärm ja nicht“ schon vernüftig. Ob der mit der jetzigen Lösung ausgewogen ist, kann ich nicht beurteilen.

    Das Weltstadt-Argument halte ich übrigens für ziemlich totschlagend. Damit kannst du alles rechtfertigen, auch den sinnlosen City-Tunnel-Bau. Klar gibt’s auch überkleinliche Typen, aber muss denn wirklich jeder beliebige Mist kritiklos hingenommen werden, nur damit wir uns groß und bedeutend vorkommen können?

  7. Zitat: „Ohne Feuerwerk kommt aber kaum einer.“

    Gibt’s dazu belastbare Zahlen? Würde mich mal interessieren. Ein weiterer Einflussfaktor könnte übrigens das Wetter sein: Vielleicht war es ja an den Samstagen ohne Feuerwerk diesmal signifikant schlechter 😉

  8. Lieber Kampfhund (das allein ist schon grotesk..),
    Du musst Dich nicht persönlich angesprochen fühlen. Ich fand es nur erschreckend, dass überhaupt solche Gedankengänge bei den Leuten „da draußen“ existieren. Du hast kommentiert, vielleicht denken ja 20 andere genauso wie Du.

    Und sicher könnte ich auch bei lauter Musik nicht arbeiten, auch wenn hier tagsüber dauernd irgendwas recht laut dudelt, wenn ich meine Texte schreibe. Vielleicht klingt das böse, aber Du hast nicht gewusst, dass ein Stadion in der Nähe ist, als Du dort hingezogen bist?

    Ob die Lösung, ein oder zwei Feuerwerke auf der Kleinmesse wegzulassen, nun die beste ist, weiss ich auch nicht. Ich weiss nur: große Kinder erschrecken sich nicht vor Feuerwerk, die springen eher aus ihrem Bett, um am Fenster einen Blick zu erhaschen. Und neben kleinen Kindern kannst Du Atombomben zünden. Wenn die einmal schlafen, schlafen die. Die große Menge.

    Das Totschlag-Argument lass ich gelten, weil Du das schöne Beispiel Citytunnel brachtest. Ich geb Dir recht, dass den keiner braucht. Allerdings glaube ich, es sind viele kleine Schritte, die Leipzig zu mehr machen können, als es jetzt ist. Da gehört die Toleranz für ein Konzert und Proben ebenso dazu wie die Toleranz für einen Milliarden verschlingenden Tunnelbau. Auch wenns zum Teil schwerfällt.

    Wie gesagt, ich war nur erschrocken, dass sich jemand ein einer knappen Woche Krach stört. Ebenso wie an 10 Minuten Feuerwerk an ein paar Sonnabenden im Jahr.

    Belastbares Zahlenmaterial habe ich nicht und das wird es auch nicht geben, da ja keiner Eintritt für die Kleinmesse kassiert. Ich unterhalte mich immer nur mit mindestens zwei Schaustellern, die man im Laufe der Jahre kennenlernte, weil man auf das Kind wartet, während es Luftschaukelt. Der eine bestätigte mir, dass an böllerfreien Tagen viel weniger los ist. Er nannte die Regelung „Irrsinn“ und wunderte sich über die, die das in Gang setzten.

  9. Leipzig hat immer noch Gegenden wie Schleußig, Plagwitz, Lindenau und einige mehr zu bieten in denen abends/nachts wirklich nichts los ist. Ich habe bis vor einem halben Jahr auch im Waldstraßenviertel gewohnt und dort sogar noch den Bau der Straße wegen der WM mitbekommen (vor meinem Fenster), das habe ich runtergeschluckt weil ich es eine gute Sache fand (von der Funkenburg mal abgesehen) und den Sinn der Aktion gesehen habe, dazu dann die WM selber und diverse Events in der Arena und im Stadion und auf der Festwiese, welche nebenbei bemerkt auch nicht zufällig vorgestern nacht dort gewachsen sind. Und bei der WM ist auch keiner auf die Idee gekommen nach einem Spiel nachts „Ruhe, ich will schlafen“ zu brüllen.

    Sorry, aber nach meiner Zeit in dem Viertel und der Erfahrung das dort normalerweise um sieben die Bürgersteige hochgeklappt werden kann ich nur vermuten das ein paar verkniffene Spassbremsen endlich mal mit der Faust auf den Tisch hauen und ihren ganz persönlichen Willen durchsetzen wollen.

    Denn in so eine Gegend ziehen und sich dann über so etwas beschweren (speziell die Feuerwerke, die es seit Jahren (!) gibt) finde ich extrem fragwürdig.

    Ich wohne jetzt in Connewitz und habe a) einen Haufen Hundescheisse auf den Gehwegen und b) hin und wieder ein paar Besoffene die nachts rumgrölen, aber das war mir vorher klar und da werde ich ganz gewiß keinen Aufstand beim Ordnungsamt machen oder die Polizei rufen.

    Ich hoffe mal das sich die „Anwohner“ als einige wenige entpuppen und das nicht wirklich was nach sich zieht. Denn das unterscheidet die ganze Geschichte meiner Meinung nach vom Citytunnel, wo nach Darlegung der Fakten zumindest in meinem Kontaktkreis die meisten Menschen einhellig dagegen waren, im Gegensatz zu der Geschichte hier in der bisher eine Anti-Meinung zu mir gedrungen ist. (Und wie Daniel schon bemerkte, mit einem sehr fragwürdigen Ettiket.)

    Das Leben ist nun mal kein Ponyhof.

  10. @Looza: Mit „Anti-Meinung“ meinst du hoffentlich nicht meine. Ich will nur bei länger anhaltendem Lärm mal Kopfscherzen bekommen und mich dann in Kleinbloggersdorf ausweinen dürfen. Das habe ich auch geschrieben. Von „Riesensauerei“, „Anwalt einschalten“, „offizielle Beschwerde“ oder „Lärmschutzgesetz“ stand da nichts. Das besorgen andere Zeitgenossen, die mir, nebenbei bemerkt, genauso den Spaß verderben.

    Ich wohne inzwischen länger im Waldstraßenviertel, als das Stadion neu gebaut ist. Ich weiß, dass hier mehr los ist, als in anderen Stadtteilen. _Das_ stört mich auch nicht. Ich weiß auch, dass ein paar Mal im Jahr noch etwas mehr los ist als sonst. _Das_ stört mich auch nicht. Auch nicht die Feuerwerke (auch wenn ich Verständnis dafür habe, wenn jemand davon nicht so begeistert ist). Mich stört aber, gleich als verkniffene Spaßbremse dazustehen, wenn man zu tagelangen Soundchecks nicht begeistert jubelt.

  11. Auch wenns nicht an mich gerichtet ist, aber ich hab Dich verstanden. Heute schrieb die Bild übrigens was zum Thema, warum die Waldstraßenbewohner wohl die glücklichsten sind. Neben ganz tollen Argumenten, etwa, dass die Leute nett sind und grüßen, gab es auch Schattenseiten zu berichten: „Fehlende Parkplätze und der Lärm bei Veranstaltungen in der Arena oder im Stadion nerven auch Leipzigs glücklichste Einwohner.“ 🙄

Kommentare sind geschlossen.