So ein Oberbürgermeisterkandidat hat es nicht leicht. Auf allen Terminen muss gezeigt werden, dass man der Beste und Einzige in Frage kommende Oberbürgermeister (OBM) ist. Dumm nur, wenn man plötzlich feststellt, dass es einem an Relevanz mangelt. Aus diesem Grund wurde Burkhard Jung, der Bewerber der SPD, aus dem Online-Lexikon Wikipedia gelöscht.
Unter www.wikipedia.org befindet sich die freie Enzyklopädie. Jeder kann dort Beiträge lesen und verfassen. So tat das auch ein Benutzer und trug Daten zum SPD-Kandidaten ein. Bereits sieben Minuten später kam aber die erste Gegenwehr eines anderen Benutzers. „Relevanz?“ schrieb der als Löschantrag in ein Forum. Und tatsächlich: Die Regeln der Wikipedia besagen, dass Politiker nur aufgenommen werden dürfen, wenn sie schon OBM sind. Oder aber Landtagsabgeordnete. So wie Michael Weichert (Bündnis 90/Die Grünen), Uwe Albrecht (CDU) und Dietmar Pellmann (Linkspartei), die bereits in der Wissensdatenbank verewigt sind. Und so kam, was kommen musste: Wenige Tage später flog Jung raus.
Mangelnde Relevanz. Das tut weh. Wenigstens bringt Burkhard Jung eines mit, was bereits seine zwei Vorgänger auszeichnete. Er ist in der richtigen Partei, musisch begabt und hat mehrfach seinen Mann gestanden. Denn seit mehr als 15 Jahren hat Leipzig einen Oberbürgermeister aus der SPD, der ein Musikinstrument spielen kann und vier Kinder hat. Hinrich Lehmann-Grube spielt Bratsche, Wolfgang Tiefensee Cello und Burkhard Jung greift gern zur Gitarre. Und wenn er es zum Rathauschef schafft, bekommt er wie seine Vorgänger auch einen Wikipedia-Eintrag.
Erschienen am 3. Februar in der Leipziger Volkszeitung. Vielen Dank an René Meyer für den Recherchetipp!