Aufgespiesst: Bratwurst und Besinnlichkeit

Neulich, bei der allabendlichen Gutenachtgeschichte für meine Tochter, musste ich schmunzeln. In dem Buch, aus dem ich las, ging es um Weihnachten und darum, dass böse Nussknacker alle Rentiere in Salami verwandelt hätten. Lecker, dachte ich so bei mir. Und wünschte mir gleichzeitig, man könnte die ganze ach so besinnliche Adventszeit in irgendetwas verwandeln. In einen Badeurlaub. In viel freie Zeit. Oder in Ostern. Wie bitte? Unromantischer, unsensibler Weihnachtsmuffel, sagen Sie? Richtig. Und wissen Sie was – ich stehe dazu. Weil ich es kann. Und weil ich es leid bin. Na ist doch wahr. Weihnachtsfeiern hier, Theater- und Musikschulauftritte da, Geschenke- und Lebensmitteleinkäufe dort. Zusätzlich zum Alltagsstress. Das nennt sich dann Besinnlichkeit.

Überhaupt, Einkäufe: Ist Ihnen auch aufgefallen, dass die Preise im Supermarkt gerade jetzt exorbitant in die Höhe schnellen, und zwar umgekehrt proportional zu den noch verbleibenden Tagen bis Heiligabend? Natürlich ist das so. Ich glaube, das ist Absicht. Um es denen heimzuzahlen, die nicht schon im September ihren Stollen, die Lebkuchen und den Fress-, pardon, Naschbeutel für die Kinder besorgt haben. Solchen Muffeln wie mir, die zu Weihnachten und in der wenigen Zeit davor eigentlich Ruhe suchen. Und keine Menschenmassen an Marktständen, die Bratwürste am laufenden halben Meter kaufen. Mit Reisebussen fallen die über uns her. Wegen einer 50-Zentimeter-Wurst! Mitten in Deutschland! Da stapeln sie sich dann reihenweise und reiben ihre dicken Bäuche an denen, die eigentlich nur wegen des Geschenkekaufs zwischen all den Verrückten unterwegs sind.

Ich habe mit Weihnachten für dieses Jahr bereits abgeschlossen. Der Baum steht im Keller, um das Schmücken kümmern sich Frau und Kind. Die haben ein Händchen dafür. Die Geschenke sind geholt und eingepackt. Der Rest ist Routine. Bescherung, freuen, auspacken, Gäste bewirten, darauf warten, dass die Gäste gehen. Und dann: hoffentlich Ruhe. Denn sind wir doch ehrlich: So richtig gemütlich wird’s erst, wenn die ganze „Besinnlichkeit“ vorbei ist. Wenigstens ein paar Wochen, bis die Schokohasen schmunzelnd in den Regalen stehen. Und uns abermals ein schlechtes Gewissen einreden, viel zu spät dran zu sein mit den Geschenken.

So, jetzt muss ich aber los. Salami kaufen.

Erschien am 22. Dezember 2007 in der Leipziger Volkszeitung (Delitzsch/Eilenburg)