Deutsch-amerikanische Trauung

Taucha. Sieben Eheschließungen fanden gestern am bei Paaren offenbar beliebten magischen Datum, dem 8.8.08, statt. Jede war auf ihre Weise etwas Besonderes, dennoch stach eine heraus. Denn mit der Hochzeit von Kristie und Tom Döhler aus Leipzig wurden eine Amerikanerin und ein Deutscher amtlich zu Mann und Frau erklärt.

Uta Schneider vom Tauchaer Standesamt war schon seit Tagen aufgeregt, musste sie ihre Rede doch angesichts von etwa 25 amerikanischen Gästen zweisprachig abhalten. Dazu übersetzte eine Dolmetscherin die Ansprache ins Italienische, da auch aus diesem Land Besuch anreiste. Und: Am Rathaus hängte die Stadtverwaltung ein „Welcome-Banner“ und die Flaggen von Deutschland und den USA auf. „Ist doch klar, dass wir da unkompliziert sind, wann hat man das schon in Taucha“, meinte Bürgermeister Holger Schirmbeck.

So ungewöhnlich die Hochzeit, so verrückt war auch das Kennenlernen der beiden 31-Jährigen. Kristie stammt aus Louisiana, ist nach Aussagen der Familie sehr reiselustig und kam 2003 nach Deutschland. Die Lehrerin sollte in Leipzig einer Gruppe von Computerfachleuten Nachhilfe in Englisch geben. Unter ihnen auch Tom, der in der Messestadt für eine Firma arbeitet, die Navigationsgeräte-Software programmiert. Und offenbar brauchte Tom mehr Lektionen als seine Kollegen – Kristie entschloss sich, bei ihm in Leipzig zu bleiben. „Ja, Kristie war mal meine Lehrerin, heute lernen wir aber ganz gut voneinander“, scherzte Tom Döhler.

Nach der Trauung kam das, was die amerikanischen Gäste nicht kannten: Das Zersägen des Baumstammes. „Was passiert jetzt?“, fragten die Töchter von Marian Lormand, der Schwägerin der Braut. „Oh, ich weiß nicht, es ist sicher eine deutsche Tradition, schaut es euch an“, riet sie und wurde prompt von der deutschen Verwandtschaft aufgeklärt, dass es sich um den beliebtesten Brauch handelt, bei dem das Paar beweisen muss, auch später prima zusammenarbeiten zu können. Das funktionierte vor dem Rathaus soweit ganz gut. Bis zu der Stelle, an der ein Nagel die Säge aufhielt. Aber auch das meisterte das Paar. Ein Familienangehöriger holte eine Zange, ein anderer brachte gar ein zweites Sägeblatt. „In den USA wird die Braut wie eine Prinzessin behandelt, und hier muss sie hart arbeiten“, wunderte sich Marian Lormand. Was Kristie aber nichts ausmachte, sie lachte unentwegt. Unter dem Johlen und Klatschen der Gäste schafften die frisch Vermählten die letzten Zentimeter und konnten sich danach nicht einmal in die Arme fallen. „Ich hab mich geschnitten, muss das erstmal abwaschen“, zeigte der Bräutigam auf einen Finger der rechten Hand. Nachgeholt wurde das Küsschen, nachdem das Paar aus einem riesigen Bettlaken per Schere ein großes Herz ausgeschnitten hatte und der Ehemann seine Auserwählte durch die so entstandene symbolträchtige Öffnung trug.

Gefeiert wurde in der Kulturscheune des Tauchaer Schlosses. Am Abend erhellte dann ein rund zehnminütiges Feuerwerk den Himmel über dem historischen Hof und der Stadt. Die amerikanische Familie der Braut bleibt noch einige Tage in Taucha und Leipzig. Eineinhalb Wochen dauert ihr Aufenthalt, unter anderem haben die US-Bürger, von denen die meisten zum ersten Mal in Deutschland sind, schon Dresden, Berlin und Potsdam gesehen.

Dass der 8.8. bei Paaren so beliebt war, liegt sicher auch an der Bedeutung der Zahl, die für Unsterblichkeit und Unendlichkeit steht.

Geschrieben für die Leipziger Volkszeitung, erschienen am 9. August 2008.

Ein Gedanke zu „Deutsch-amerikanische Trauung

  1. Sehr geehrter Herr Grosse,
    erstaunlich, etwas über meine gute Freundin Kristie sogar im Internet zu finden.
    Kleiner Recherchefehler nachträglich berichtigt: Kristie tauchte bereits im Herbst 2000 bzw. Anfang 2001 in Leipzig auf … So genau weiß ich das auch nicht mehr.
    Aber – nette Story haben Sie da draus gemacht.
    Mfg, M.S.

Kommentare sind geschlossen.