Fluglärm: Seegeritzer gründen Schutzgemeinschaft

Seegeritz. Der Tauchaer Ortsteil Seegeritz ist eigentlich eine ruhige Gegend. Es könnte so schön sein, wenn nur die Flugzeuge nicht wären, klagt die Seegeritzerin Stephanie Hipper. Vor allem in der Nacht würden die Frachtmaschinen von DHL und Lufthansa Cargo sehr stören. Anderen Dorfbewohnern erginge es ähnlich. So sammelte die engagierte Mutter zahlreiche Unterschriften, die unlängst im Rathaus Tauchas Bürgermeister übergeben wurden (wir berichteten). Vor wenigen Tagen mündete das Engagement der Seegeritzer in der Gründung der Schutzgemeinschaft Fluglärm und Umweltverschmutzung Taucha.

„Wir haben bewusst keine negativ besetzten Wörter wie ,gegen‘ oder ,Verbot‘ verwendet, sondern wollen vielmehr den Schutz vor Fluglärm und die damit zusammenhängenden kommenden Umweltprobleme in den Fokus rücken. Natürlich sind wir uns bewusst, dass wir hier in Seegeritz ein Randgebiet sind, aber auch hier gibt es bereits zahlreiche Betroffene“, sagte Hipper. Wie sie und ihre Kinder würden viele Bürger des Tauchaer Ortsteils unter Schlafproblemen leiden, seit das Luftdrehkreuz der Post-Tochter eröffnet wurde: „Es geht uns auch um dieses Grundrecht auf Schlaf, dafür wollen wir kämpfen.“

Ein Ziel, für dessen Erreichung sich über ein Dutzend Anwohner versammelten. Insgesamt zählte Stephanie Hipper, die den Vorsitz des neuen Vereines übernehmen wird, etwa 20 Gründungsmitglieder. Dass eine solche Initiative direkt in Seegeritz nötig ist, davon ist Hipper überzeugt: „Natürlich hätten wir uns auch anderen Vereinen angliedern können, aber es ist für uns leichter, wenn wir hier vor Ort sind und uns um die Sorgen und Nöte der Tauchaer und Plaußiger kümmern können“, erklärte sie. Katharina Herrmann aus Hohenheida, die den Posten der ersten Stellvertreterin übernimmt, gab zu bedenken, dass „vor allem ältere Menschen sagen, sie hätten schon so oft für oder gegen etwas unterschrieben und am Ende würde ja doch nichts dabei rauskommen. Vielleicht können wir diese Leute ja erreichen, wenn wir zeigen, dass wir ihre Nachbarn sind.“ Auch Herrmann leidet unter Fluglärm: „Ab 22 Uhr hören wir das laute Dröhnen der Maschinen, die Geräusche werden durch den Wind über das offene Feld getragen.“

Peter Hauptfleisch, der künftige zweite Vorsitzende der Bürgerinitiative, stellte die grundsätzliche Notwendigkeit des Flughafenausbaus in Frage: „Der Flughafen wurde aufgrund falscher Prognosen ausgebaut, die erwarteten Fluggastzahlen wurden nicht erreicht, jetzt soll alles dafür getan werden, damit der Airport ausgelastet ist“, vermutet er. Auch vermisst er den Rückhalt aus der Politik. „Der Schaden für Gesundheit und Umwelt durch die Flieger sind größer als uns die Politiker glauben machen wollen. Die scheinen vergessen zu haben, dass sie für die Bevölkerung arbeiten.“

Von Tauchas Bürgermeister Holger Schirmbeck (SPD) gibt es „insoweit Unterstützung, als dass ich wie versprochen das Anliegen der Seegeritzer in den Umweltausschuss eingebracht habe und die Belange ernst nehme. Wir werden uns weiter mit der Thematik befassen“, sagte er auf LVZ-Anfrage. Heute will Flughafenchef Eric Malitzke über Lärmschutzmaßnahmen und die Ansiedlung von Unternehmen informieren. „Bei diesem Termin sind auch Vertreter des Umweltausschusses dabei“, so Schirmbeck.
Im Blick haben die Seegeritzer auch den 15. Juli. Denn dann steht der Termin vor dem Bundesverwaltungsgericht ins Haus, bei dem es auch um die Nachtflüge gehen wird. Deshalb unterstützen die Seegeritzer den Aufruf des Bürgerinitiativen-Netzwerkes Leipzig/Halle, sich morgen ab 16.30 Uhr auf dem Leipziger Nikolaikirchhof an einer Demonstration gegen eine uneingeschränkte Nachtfluggenehmigung und gegen die militärische Nutzung des Flughafens zu beteiligen.

Doch damit wollen es die Ortsteilbewohner nicht bewenden lassen. Um die konkrete Belastung in Seegeritz einschätzen zu können, wollen sie auf Privatinitiative zwei Messstationen aufstellen. „Die ermittelten Daten sollen dann auf der Website des Deutschen Fluglärmdienstes abrufbar sein“, kündigte Hipper an.

Erschien am 10. Juli 2008 in der Leipziger Volkszeitung.