Leipzig Tourismus bei Facebook und die Reaktionen

Leipziger Facebook-Nutzer haben heute unter Umständen eine Diskussion erlebt, die geprägt war von Missverständnissen und die so nicht hätte stattfinden müssen. Dann nämlich, wenn die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH (LTM) sich vor ihrem Auftritt in Facebook ein wenig informiert hätte – beispielsweise über die Nutzungsbedingungen.

Es begann mit einer simplen Kontaktanfrage. Auch ich habe diese bekommen. „Leipzig Tourismus möchte mit dir auf Facebook befreundet sein“, bekam ich per Mail zu lesen. „Aha, schon wieder einer, der nicht verstanden hat, dass man Unternehmensseiten nicht als Profile anlegt“, dachte ich mir und klickte trotzdem auf den Bestätigen-Knopf. Stefanie Bamberg, Vorsitzende des Vereins Kreatives Leipzig, klickte auch, ließ es sich aber nicht nehmen, direkt zu fragen: „Wieso habt ihr ein normales Profil und keine Fanpage und wieso ist eure Pinnwand nicht einsehbar?“ Das mit der Pinnwand klärte sich schnell, es war offenbar nur ein temporäres Facebook-Problem.
Was sich aber nicht klärte, war die Profilfrage. Im Verlauf der Diskussion mit verschiedenen Mitgliedern der Leipziger Kreativszene zeigte sich schnell, dass die LTM offenbar Schwierigkeiten mit den Begrifflichkeiten hat – oder um es deutlicher zu formulieren: Die LTM nutzt Facebook, es fehlt aber der Hintergrund, was damit überhaupt möglich ist und wie man es richtig macht.

Facebook unterscheidet in Seiten und Profile. Personen haben Profile, die auch als Profilseiten bekannt sind. Unternehmen, Institutionen, Geschäfte, Marken, Produkte, Künstler haben offizielle Seiten, die früher mal „Fanpages“ hießen und nun einfach nur noch „Seiten“, oder Pages. Mit solchen Seiten kann man nicht befreundet sein, sondern sie müssen einem „gefallen“, indem man auf „Gefällt mir“ klickt. Früher nannte das Facebook mal „Fan werden“, daher auch der alte Begriff Fanpage oder Fanseite. Etwas anschaulicher und mehr erklärt wird das Ganze bei Annette Schwindt.

Was nun die LTM gemacht hat, ist nachzuvollziehen: Da unter dem Nutzernamen „Leipzig Tourismus“ echte Menschen schreiben, wollte man wohl ein „menschliches“ Profil anlegen. Streng genommen ist dies nach Facebook-Nutzungsregeln aber verboten. Denn bereits allein dadurch, dass das Profil mehrere Leute pflegen, wird gegen Punkt 4.8 verstoßen: „Du wirst dein Passwort […] nicht weitergeben, eine andere Person auf dein Konto zugreifen lassen…“. Und bereits gegen die Hauptregel unter Punkt 4 „Facebook-Nutzer geben Ihre tatsächlichen Namen und Daten an“ verstößt das Profil. Denn für Facebook existiert nun ein Mensch mit dem Vornamen Leipzig und dem Nachnamen Tourismus, der an der Uni Leipzig studiert hat, in Leipzig wohnt und Deutsch, Englisch und Russisch spricht.

Allein auf diesen Fakt wollten diverse Nutzer hinweisen, indem sie auf Stefanie Bambergs ursprünglichen Beitrag kommentierten. Die Reaktion des LTM kann man als leicht beleidigt und verständnislos auffassen. Man meine es doch nur gut und das Projekt wäre doch von Praktikanten initiiert, die persönlich über ihre Arbeit berichten wollten. Was völlig richtig ist – nur muss man dies eben über eine Unternehmensseite tun und nicht über ein Profil, das vorgibt, ein einziger Mensch zu sein.

Der eigentliche Zweck des Profils Leipzig Tourismus sei es, so LTM-Sprecher Andreas Schmidt, in Austausch mit den Lesern de Magazins „Näher dran“ zu kommen. „Näher dran“ wird im Hause LTM von Praktikanten erstellt und geleitet. Das Magazin verfügt bereits über eine richtige Facebook-Seite, auf der Inhalte der Hefte und aus dem Redaktionsalltag publiziert werden. Die Profilseite benötige man nun, um in den Austausch mit der Zielgruppe zu gelangen (was man ohne weiteres und viel besser auch auf der Näherdran-Seite machen könnte).

LTM-Sprecher Andreas Schmidt gab mir gegenüber im Telefongespräch zu, über die Begrifflichkeiten nicht vollends informiert zu sein. „Das Redaktionsteam hat große Freiheiten“, sagte er. Was im Umkehrschluss aber heißt: Die Praktikanten dürfen für die Näher dran-Redaktion der LTM kommunizieren – so richtig kontrollieren kann dies aber keiner, weil die Kompetenzen fehlen.

Trotz allem zeigte sich Schmidt dankbar für die Hinweise. „Die Rückkopplung ist schön und ich sichere zu, dass wir unser Profil gegen eine Seite tauschen werden“, sagte er. Vorteile hat dies allemal. Beispielsweise die Statistiken, die es auf Fanseiten gibt. Ab sofort könnte das Praktikantenteam monatlich vorweisen, wie viele neue Fans hinzugekommen sind, wie die Resonanz auf Beiträge und Fotos war, woher die Leser stammen und so weiter. Wenn das kein Argument ist… „Leipzig Tourismus“ sollte daher schnell aufhören, Freunde zu sammeln, sondern stattdessen eine Seite erstellen und allen Freunde vorschlagen.

Eines muss man allerdings eingestehen: Die LTM ist bei weitem nicht das einzige Unternehmen, das den Unterschied zwischen Profil- und Fanseite nicht verstanden hat. So gibt es im Leipziger Umfeld zahlreiche „Personen“, die gar keine sind.
Beispiele: Galerie für Zeitgenössische Kunst, Tapir Leipzig, GeyserHaus, LeipzigerInternetZeitung, Medienwerkstatt Leipzig und diverse, viele, andere. Wenn es Facebook irgendwann mal in den Fingern juckt, fliegen all diese Profilseiten hochkant raus.

15 Gedanken zu „Leipzig Tourismus bei Facebook und die Reaktionen

  1. Das die Nutzung eines Profil durch mehrere Personen gegen die Nutzungsbedingungen von Facebook verstößt ist klar.
    Doch auch Sie scheinen die Nutzungsbedingungen von Facebook nicht bis zu Ende gelesen zu haben, diese untersagen die Veröffentlichung von Screenshots von Facebookmitgliedern auf anderen Websites.
    Wenn Sie natürlich eine schriftliche Genehmigung der beteiligten Personen auf den Bildern vorher eingeholt haben, dann sehen diesen Kommentar als gegenstandslos.

  2. An welcher Stelle der Nutzungsbedingungen soll denn diese Merkwürdigkeit stehen?

  3. Hallo Daniel,

    es gibt tatsächlich einige Regelungen zu den Screenshots bei Facebook: http://www.facebook.com/brandp.....creenshots sind im allgemeinen sind wohl ok, wenn darin keine persönliche Daten von Mitgliedern (z.B. Telefonnummer, Adresse) und/oder urheberrechtlich geschützte Inhalte wie Zeichnungen oder Fotos abgebildet sind.

  4. Danke, wie gesagt, ich kümmere mich. War nur verwundert, weil Christian das in den Nutzungsbedingungen erwähnte. Die Shots dienen nur der Auflockerung. Kann ich auch weglassen, versuche das aber erstmal so.

  5. Da haben wir wohl gleichzeitig geschaut :). Ich finde Screenshots auch immer schön, aber man wird ja heute ger mal abgemahnt wegen solcher Dinge…

  6. So, Facebook meint, die Beantwortung der Anfrage dauere 1 bis 2 Wochen. Dann muss der Artikel wohl ab sofort ohne Screenshots leben…

  7. Hallo Daniel,

    mir tat es ja fast leid, dass es die Praktikanten von LTM getroffen hat. Aber leider kamen alle Faktoren zusammen, die nur zusammen können kommen:

    – Praktikanten hauptverantwortlich für Social Media
    – Personanprofil statt Fanseite
    – Hohe Aufmerksamkeit durch mehrere Leute
    – Jahresanfangsdynamik

    Somit musste leider die LTM als Negativbeispiel herhalten. Das hätte aber auch vielen anderen passieren können.

    Nun hat LTM aber die optimale Ausgangsposition um es besser zu machen und allen zu zeigen wie es geht. Und Hilfe wurde ja durchaus (auch von mir) angeboten.

    Beste Grüße
    Thomas Wagner

  8. Mir gings hier auch nicht drum, irgendjemanden bloßzustellen, sondern nochmal anhand des Beispiels LTM zu zeigen, was der Unterschied zwischen Profilen und Seiten ist. Wir damit umgegangen wurde, bzw. geantwortet wurde, ist ne andere Sache… Offenbar sind die Praktikanten dann doch nicht so locker-flockig, wie sie gern sein wollen.

  9. ja. das locker-flockig war dann ganz schnell weg. scheinbar haben die chefs dann doch gemerkt dass öffentlichkeitsarbeit (auch wenn es „nur“ facebook ist) chefsache ist und eigentlich mit konzept gestaltet werden sollte…

  10. Pingback: Großes Netz – Die Leipziger Webszene » Trotz Ablehnung: Leipzig hat nun eine Facebook-Seite

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