Leipzig: Zentrum der Computerspielbranche

Okay, ganz so weit, wie es die Überschrift suggeriert, ist es (noch) nicht. Könnte es aber, wenn es nach René Meyer ginge. Der Journalist und profunde Kenner der Computerspielbranche könnte sich vorstellen, aus Leipzig eine Spielestadt zu machen. Entsprechend seiner Vision lautete der Name seines Vortrages bei der Langen Nacht der Computerspiele am vergangenen Sonnabend in der HTWK auch „Games City Leipzig.“

Hamburg, Frankfurt, München, Berlin und das Ruhrgebiet – schaut man sich im deutschen Spielemarkt um, erkennt man schnell diese Ballungszentren. Hier sitzen Entwickler, Grafiker und Publisher. Und in Leipzig? Nun, hier sieht es gar nicht so schlecht aus, wie man glaubt.

Zum einen, so zählte René Meyer auf, wäre da die Leipziger Messe. Die Geschichte um die Games Convention kennt wohl jeder, doch auch mit der Nachfolgemesse Games Convention Online, die sich dem wachsenden Markt der Browser-, Client- und Mobilegames widmet, sei noch genügend Potenzial in Leipzig, das es zu nutzen gelte.
Zum anderen wären die hier ansässigen Spielefirmen. Doch, die gibt es! Fakt Software aus Zwickau hat seit 1. März seinen Geschäftssitz nach Leipzig verlegt, elf Mitarbeiter und deren Familien mit umgezogen. Bekanntestes Fakt-Spiel dürfte „Crazy Machines“ sein. Das Unternehmen g.labs entwickelt Browserspiele wie „Venezianer“ und „Oil Imperium“. Media Seasons hat sich auf Casual Games spezialisiert, Pluspol Interactive entwickelt vornehmlich Lernspiele und Corporate Games. Das Firehazard Studio wurde unter anderem durch „Legend of Kay“ bekannt und Anothermobile programmiert Spiele für Mobiltelefone.

Dennoch würden in Leipzig, so Meyer, keine nennenswerten Umsätze mit Spielen gemacht. „Und das, wo Leipzig doch eine Medienstadt sein will. Computerspiele sind das am meisten wachsende Medium“, sagte er. Was Leipzig brauche, sei eine Lobby. „Medien müssen mehr über Spiele berichten, wir brauchen einen Ansprechpartner für Spiele-Fragen, eventuell einen Verein“, zählte René Meyer auf. Außerdem müssten hier regelmäßige Veranstaltungen wie LAN-Partys, Kongresse und so weiter stattfinden. Infrastrukturtechnisch sei bereits alles vorhanden: Hochschulen, eine Reihe kleiner Firmen, Fördermöglichkeiten, etwa über die Mitteldeutsche Medienförderung. „Man muss das Ganze nur zusammenfügen“, meint Meyer.

Um das zu erreichen, stellt er sich ein Spielezentrum, ähnlich dem Haus des Buches, vor. Dieses „Haus der Computerspiele“, solle Kompetenzen vermitteln, ein Café mit Internet- und Games-Loung, sowie einen Vortragssaal und Computerräume für Schulungen haben. Auch Ausbildung sei wichtig. Die ComputerSpielSchule müsse Programmierkurse anbieten, Hochschulen sollten Vorlesungsreihen über Spiele anbieten und einen eigenständigen Studiengang Game Design anbieten.

Ein ambitioniertes Vorhaben, das aber zu lösen sei, wie etwa Martin Richter von g.labs beim anschließenden Branchenworkshop in HTWK sagte. „Die Ideen sind super, das Problem wird der Zeitfaktor sein. Aus dem gleichen Grund sind Bestrebungen der Vorjahre alle im Sand verlaufen“, gab er zu bedenken. Silvana Kürschner, Strategiedirektorin der Games Convention Online sieht ebenso Chancen für die Games City Leipzig: „Wir können hier internationale Aufmerksamkeit bieten. In einer konzertierten Aktion profitieren alle davon. Das Potenzial ist vorhanden“, befand sie.

Und so könnte das geflügelte Wort Games City Leipzig in einigen Jahren Wirklichkeit werden. Förderprogramme oder Unternehmen mit Spenden-Ambitionen vorausgesetzt. Denn gerade das von René Meyer gewünschte Haus der Computerspiele braucht neben Anschubfinanzierung vor allem jemanden, der es betreibt und am Leben hält.

13 Gedanken zu „Leipzig: Zentrum der Computerspielbranche

  1. Dann haben wir endlich eine Entscheidung welche „-Stadt“ Leipzig dann ist. Spielestadt Leipzig. Puh, endlich ist das durch, war ja kaum auszuhalten mit diesem Messe-/Sport-/Buch-/Bachstadt-Gedöns.

    🙂

  2. Ich habe es ja schon via twitter gesagt: Sich wegen einer handvoll Spielefirmen hinzustellen und aufzuzählen, was wir alles noch brauchen, damit es noch besser wird, ist schon sehr optimistisch. Auch die Forderung, es müssen größere Firmen aus der Branche her – das ist, als würden wir verlangen es müssten noch mehr Porzellanfabrikanten her, damit Leipzig endlich zur Porzellanstadt aufsteigt.

    Es ist nichts falsch daran, Dinge zu fordern. Aber imho ist die Forderung doch recht davon gezeichnet davon, das Rene diese Kultur atmet und lebt. Du hast es geschrieben: Nennenswerte Umsätze werden in Leipzig nicht mit Spielen gemacht, da wird sich die Förderung auf gewinnbringerende Branchen konzentrieren die nachhaltig für Leipzig auch Umsätze bringen. Es wäre schön gewesen, wenn Du mal beleuchten hättest können, was während der GC-Jahre so an Förderung in das Thema Spiele in Leipzig geflossen ist – ich glaube da gingen durchaus einige Euro an diverse Institutionen. Hat es was genützt – ebenso wenig wie die Aufmerksamkeit die durch die GC da war.

    Just my 2 Cents.

  3. Ja, alles nicht falsch. Den Aspekt, welche Projekte während der echten GC gefördert wurden, konnte ich dort leider nicht ansprechen, ist aber sicher ein Ansatz, um nochmal nachzuhaken. Und dass große Publisher ihren Weg eher nicht nach Leipzig finden, darüber waren sich die Anwesenden des Workshops auch im Klaren.

  4. Meiner Meinung nach IST die Computer- und Videospielbranche ein Markt, der nachhaltig durchaus Umsätze generieren kann, wenn man Vermarktung und Promotion nur vernünftig anpackt. Es kommt eben auch immer auf die Dimensionen an, in denen man denkt: Sicher wird sich Blizzard Entertainment jetz nicht schlagartig in Leipzig niederlassen – aber manchmal kriecht ja auch ein neuer Phoenix aus der Asche – gerade auf dem Computerspielsektor ist so etwas durchaus möglich.

  5. Thomas:

    Wir haben in Leipzig genügend Kräfte, um eine Gründerszene auf dem Spielesektor anzuschieben – nur müssten die konzentriert an einem Ziel arbeiten.

    Die Softwarebranche macht in Leipzig ein Viertel aller Kreativumsätze, wir haben mehrere Spiele-Entwickler, wir haben die Uni, die HTWK, die HGB, die Mitteldeutsche Medienförderung, wir haben durch die GC internationale Bekanntheit. Es bedarf „nur“ einer geeigneten Zündung.

    Die Ansiedlung von Spielefirmen (etwa mit Hilfe von Förderprogrammen) würde das Vorhaben beschleunigen.

  6. Ich sehe eher den Fachkräftemangel als Hinderniss: Trotz Uni, HTWK und HGB gibt es in Leipzig nicht die passenden Fachkräfte. Denn Informatiker != Spieleprogrammierer. Und die Absolventen welches HGB-Studienganges sollen in den Prozess der Spieleentwicklung eingebunden werden?

  7. Ich sehe die Problematik eher in der Förderung. Man schaue 40km weiter nach Halle, da steht ein Multimediazentrum mit vielen Briefkästen und wenigen echten Menschen. Ich kenne ein Beispiel aus dem direkten Umfeld, dort ist es absolut deutlich: Halle ist lediglich Standort, weil Fördermittel für die Firmen und deren Hauptzentralen (Berlin/München/Hamburg/Köln) abgegriffen werden können.

    Also so wird es nicht gehen.. man müsste mal klären, was es wirklich an Potenzial gibt und wie ggf. eine solche „Initialzündung“ aussehen könnte. Wenn es z.B. eine Firma gibt, die sich ganz neu gründet und die Unterstützung braucht, dann sieht das schon anders aus. Ich stimme ansonsten (leider!) Thomas zu: Wir machen grade Wunschdenken, die zögerliche Entwicklung des Marktes in der Stadt ist mit allen möglichen anderen Städten vergleichbar und genauso gut könnte man für/gegen mehr Fahrradläden in Leipzig argumentieren. Schade, aber dennoch wahr. Was machen wir nu?

  8. Ich verstehe Michas Argument bezüglich Uni, HGB und HTWK nicht ganz. Die Leute die dort ausgebildet werden (ich spreche jetzt mal für die HTWK) sind sehr motiviert, etwas in Richtung Spiele-Entwicklung anzuschieben. Natürlich sind das in jedem Jahrgang nur eine Handvoll aber die Werkzeuge, Möglichkeiten und sogar das Interesse, sowie die Unterstützung der Professoren sind da.
    Das Problem liegt eher darin, dass ausgebildete Fachleute sich die Möglichkeiten in Leipzig realistisch ansehen und anschließend denken: „Ja, dann gehen wir mal hier weg.“
    Vielleicht fehlt es neben den Tools und der Motivation aber einfach noch ein klein wenig an der Bündelung der Fähigkeiten. Workshops, Seminare und evtl. Zusatzkurse an den Universitäten würden nicht nur motivierte Leute in ihrem Wirken voran kommen lassen, sie würden sicherlich auch die eine oder andere Firmenneugründung hier in der Stadt begünstigen.

  9. Ich glaube eher, Micha meinte, dass (an der HGB) kein entsprechender Studiengang zum Spieledesign vorhanden ist und darum trotz vielleicht vorhandener interessierter Menschen sich in dieser Hinsicht nichts tut.

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