Gestern fand der Leipziger Webmontag statt. Diesmal mit einem Gast, den die Teilnehmer des Webmontags bereits kennen: den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB). Nachdem im Januar 2010 der verunglückte Relaunch der Website des kommunalen Nahverkehrsunternehmens online ging und sich in der Leipziger Kreativszene Schock und Entsetzen breit machten, stellten sich die LVB bereits einen Monat danach der Kritik beim Webmontag. Anlass des gestrigen Besuchs: Die LVB stehen vor einem erneuten Relaunch – und wollen diesmal alles richtig machen. Von Anfang an soll die Kreativ- und Webszene Leipzigs einbezogen werden. So präsentierte man erste Ideen und wollte vor allem Meinungen abfragen.
„Wir wissen, dass die Erwartungen an eine Website wie die unsere sehr groß sind“, meinte Peter Nebe, Marketingleiter der LVB. Selbiger hatte sich auf den Abend prima vorbereitet, führte kurzweilig und unterhaltsam durch seinen Vortrag. „Wir haben eine Betriebszeitung, außerdem muss ich meinem Chef zeigen, dass ich hier war“, sagte er, während er sein iPhone aus der Hülle zog und die Anwesenden fotografierte. Auch erinnerte er an die erste Version der neuen Website, über der animierte Gewitterwolken vorbeizogen. Amüsant war auch die Anmerkung, der „Laden“, also das Unternehmen nebst Stadtkonzern LVV werde gerade umstrukturiert und deshalb „haben wir jetzt die Chance, etwas zu verändern, ohne gleich wieder Rechenschaft ablegen zu müssen.“ Der Nahverkehr sei eine konservative Branche und sehr träge. Bevor es zu Änderungen komme, werde sich erst auf den Markt verlassen, oft Geld für Marktforschung ausgegeben. Auf den normalen Verstand höre da kaum einer, was er und sein Team der Marketingabteilung nun ändern wollten.
Die Website lvb.de solle zur integrierten Mobilitätsplattform umgebaut werden, sagten er und Kollege Mirza Salihagic. Derzeit sei der Fahrplan mit 72 Prozent die meist genutzte Seite auf lvb.de. Schon in wenigen Jahren werde sich das aber ändern. Google mache mit der Integration von verschiedenen Daten auf seinen Such- und Kartendiensten deutlich, wohin die Reise gehe. So gibt es bereits jetzt auf Google Maps parallel zur Fahrzeit mit dem Auto die Anzeige von Daten der Deutschen Bahn, um sein Ziel zu erreichen. Über kurz oder lang werde sich Google auch an Nahverkehrsunternehmen der Städte und Verkehrsverbunde wenden, um diese Daten abzugreifen. „Das ist ja auch in unserem Interesse“, so Peter Nebe. Schließlich sei es wichtig, dass die Kundschaft schnell wisse, wann der nächste Bus oder die nächste Bahn kämen. Woher die Fahrgäste das erfahren, sei zweitrangig.
Aus diesem Grund solle sich lvb.de zum Mobilitäts-, Vertriebs- und Stammkundenportal wandeln. Künftig wolle man nicht nur Auskünfte geben, wann die nächste Bahn kommt, sondern mit welchen Verkehrsmitteln man sich am schnellsten durch die Stadt bewegen kann. Das soll, so die Zukunftsmusik, sogar so weit gehen, dass man eingeben kann, mit wie viel Personen und wie viel Ballast man unterwegs ist. Gibt man etwa in die Matrix ein, man ist morgens vom Wohnhaus allein unterwegs und will zur Arbeit, könnte die Website vorschlagen, einen Teil der Strecke mit einem Fahrrad des Partners Nextbike zu absolvieren. Will der Fahrgast dagegen Abends mit dem Einkauf nach Hause, könnte die Website eine nahezu lückenlose Route mit Bus und Bahn ausgeben. „Das Mobilitätsverhalten der Menschen ändert sich“, so Mirza Salihagic. Immer öfter würden mehrere Verkehrsmittel genutzt, um ans Ziel zu kommen. Die LVB wollen helfen, diese Verkehrsmittel mehr miteinander zu vernetzen. Dies würde auch Gelegenheitsnutzern zu Gute kommen, weil man sich keine Gedanken mehr über Tarifzonen und ähnliches machen müsste.
Die Anregungen und Wünsche der rund 35 Teilnehmer des Webmontags bezüglich einer neuen LVB-Website waren vielfältig: Zum einen wünschte man sich, die Website und die easy.GO-App würden künftig die gleichen Daten nutzen, sich also besser vernetzen. Auch dies ist ein Anspruch der LVB, wie Peter Nebe sagte. Website, soziale Plattformen und App sollten künftig mehr Hand in Hand arbeiten. Eine weitere Anregung eines Teilnehmers war, auf LVB.de eine Art Wissensplattform zu etablieren. Fragen, die immer wieder auftauchten, könnten dort in einer Art FAQ festgeschrieben werden. Etwa, wie man nach Großveranstaltungen im Stadion am Besten weg komme.
Am Ende der rund zweistündigen Veranstaltung war eines klar: Konkrete Details zur neuen Website können in diesem frühen Stadium noch nicht erwartet werden, weitere Termine sind wohl nötig. Um aber einen Anfang zu machen, lobten die LVB auf dem Webmontag einen Gestaltungswettbewerb für das Frontend der neuen Website aus. Als Preise stünden dafür 3000, 2000 und 1000 Euro bereit. Wer interessiert ist, konnte sich beim Webmontag in eine Liste eintragen. Auf Drängen von Thomas Wagner vom Verein Kreatives Leipzig, der den Webmontag ausrichtet, gilt die Anmeldung aber auch noch eine Weile länger. Derzeit werde überlegt, wie der Ideenwettbewerb auf einen angepassten Personenkreis ausgeweitet werden könne. Updates dazu folgen hier sicher bald.
Danke an Stefanie Bamberg für die Fotos!
Gibt es zu diesem »Gestaltungswettbewerb« irgendwo noch mehr Informationen?
Also, was ist da gewünscht und wie läuft das genau ab?
Klingt für mich jetzt ohne weitere Infos eher halbseiden und ich wundere mich, dass da noch keine Proteste aufkamen …
Wie gesagt, vor Ort gabs eine Liste, in die man sich eintragen konnte. Und gerade wird geklärt, wie man den Wettbewerb ausweiten kann, ohne dass es einen Ausschreibungscharakter bekommt. Geht wohl darum, Ideen zu sammeln. Wer dann gewinnt, darf natürlich auch an der Umsetzung teilnehmen. So richtig viel zum Wettbewerb wurde vor Ort auch nicht erzählt.
Hallo Torsten,
halbseiden ist vielleicht der falsche Ausdruck. Aber ich denke, die LVB wird den Wettbewerb noch ein wenig öffnen , so das wirklich Interessierte bei dem Thema mitmachen können.
Sobald es Infos gibt, werde ich das dem Daniel zuarbeiten und es wird hier ein Update geben. Vielleicht werden wir es auch über den Kanal „Kreatives Leipzig“ verteilen können.
Gruss
Thomas
Da ist nun aber wirklich nichts halbseiden dran. Es geht um keine große Ausschreibung, kein Pitch, sondern einen kleinen Ideen-Wettbewerb, der entgegen der ursprünglichen Intention der LVB nun riesig breit getreten wird, ohne dass bereits nähere Infos bekannt sind. Clever finde ich solch eine Umgangsform nicht.