Merkwitz. „Da! Da hat einer gebissen!“, ruft Tom Schlegel. Der Schwimmer seiner Angel zappelt, wird immer wieder nach unten gezogen. Die Rute biegt sich. Der 15-Jährige zieht, holt die Leine ein. Karl Torner vom Anglerverband Taucha kommt mit einem Kescher zu Hilfe. Behutsam heben beide das Netz aus dem Wasser des Merkwitzer Dorfteiches. Darin zum Vorschein kommt ein Karpfen. Mit seinem weit aufgesperrten Maul schnappt er nach Luft, mit der kräftigen Schwanzflosse stößt er sich vom Gras ab, auf dem er mittlerweile liegt. „Hat der schon 40 Zentimeter?“, fragt ein Mitglied des Vereins. Karl Torner hält den Fisch fest und prüft mit einem Maßband die Größe: „Ja, es sind gerade 40. Willst Du ihn haben, was sagen Deine Eltern dazu?“, richtet er seinen fragenden Blick an den jungen Angler. „Weiß nicht, ich glaube, die wollen lieber einen Aal“, sagt Tom. Und rettet dem Karpfen so das Leben. Nachdem der Haken entfernt wurde, entlässt Torner den Fisch wieder in sein Element. Ebenfalls zurück ins Wasser durfte ein Zwergwels, den Jan Jähne gefangen hatte. Der 15-Jährige angelte zum ersten Mal und hatte prompt Erfolg. „Ein schönes Tier, hätte nicht gedacht, dass so etwas hier im Teich schwimmt“, sagte er.
Nicht nur Tom und Jan hatten am Sonntag Glück, als der Anglerverband Taucha zum Schau- und Probeangeln einlud. Einige Fische wurden her-ausgeholt – und meist wieder frei gelassen. „Hier kann jeder mal probieren und ein Gefühl dafür bekommen, wie man die Rute auswirft oder einen Fisch richtig aus dem Wasser hebt“, so Christian Brandt, Vorsitzender des Vereins. Dazu wurde eigens eine Genehmigung bei der Fischereibehörde eingeholt, denn normalerweise ist ein Angelschein nötig, will man aus dem Merkwitzer Dorfteich und anderen Gewässern Fische einholen. Wer ohne entsprechende Lizenz erwischt wird, dem droht eine Anzeige wegen Wilddieberei und damit einen Eintrag ins Vorstrafenregister. „Das ist vor allem schmerzlich bei Jugendlichen, die eine Ausbildung anstreben“, so Brandt. Darum war die Jugend auch hauptsächlich angesprochen, sich ganz legal an Rute und Rolle zu versuchen. „Das Interesse ist auf jeden Fall da, wir haben es trotzdem nicht ganz leicht, was die Nachwuchsgewinnung angeht“, sagt Jugendwart Enrico Hoffmann. „Das Problem ist, dass man erst ab neun Jahren einen Jugendfischereischein erwerben kann. In dem Alter spielen die meisten Jungen aber bereits aktiv Fußball oder haben sich dem Computer verschrieben“, erzählt er weiter.
So zählt der Anglerverband Taucha derzeit neben seinen „80 Mitgliedern über 18 Jahre nur drei Kinder und Jugendliche“, zählt Christian Brandt auf. „Bald vier!“, ruft da Gabriele Suck, die mit ihrem Sohn Yannik am Teich ist. „Er ist ganz heiß aufs Angeln, geht oft mit seinem Opa in Schwerin an den See“, sagt sie, während der Neunjährige schon neugierig auf der Suche nach einer freien Rute um den See streift. Wenig später erklärt ihm Angler Thomas Pötter den richtigen Schwung an einer großen Angel ohne Rolle.
Der von Tom Schlegels Eltern gewünschte Aal konnte indes nicht gefangen werden, im Merkwitzer Dorfteich kommen diese nicht vor – dafür aber immerhin neben den genannten Karpfen und Zwergwelsen auch Giebel, Hechte und Schleie.
Erschien am 8. Juli 2008 in der Leipziger Volkszeitung.