Taucha. Die Nacht von Dienstag auf Mittwoch vergangener Woche. Langsam fährt ein Rettungswagen durch die Graßdorfer Straße. Blaulicht erhellt die Straße. Immer weiter verringert das Fahrzeug die Geschwindigkeit, fährt dann eine kleine Schlippe am Bahndamm entlang, kommt rückwärts wieder raus, um dann erneut die Straße im Schneckentempo zu erkunden. Plötzlich erschallt das Martinshorn für wenige Sekunden, der Rettungswagen bleibt schließlich stehen. Dann folgt das, was für einige Anwohner rätselhaft erscheint: Der Fahrer und die restliche Besatzung des Wagens fragen nach dem Weg. Eine bestimmte Hausnummer würden sie suchen, sogar den Namen der aufzusuchenden Familie rufen die Rettungskräfte den erschrockenen Leuten zu, die mittlerweile vereinzelt ihre Köpfe aus den Fenstern stecken.
Gänzlich orientierungslos waren die Einsatzkräfte aber nicht. Sie hätten bereits in der Zweigstelle der Johanniter-Unfall-Hilfe auf der Graßdorfer Straße 13 vorbeigeschaut, um dort nach dem Weg zu fragen. Allerdings wäre da niemand anzutreffen gewesen, erklärte der Fahrer einem Anwohner.
„Ich fand das schon ziemlich merkwürdig, dass die tatsächlich nach dem Weg fragen. Man denkt doch eigentlich, dass sich Retter auskennen oder andere Mittel haben, den gesuchten Ort zu finden“, wundert sich auch Heiko Lange, der die Szene mitbekam.
Für Dietmar Bruchner, Geschäftsführer des Rettungszweckverbandes Nordsachsen ist dies aber nicht ungewöhnlich. „Die Johanniter waren sicher selbst gerade im Einsatz. Wenn niemand vor Ort ist, müssen wir eben das nächst gelegene Fahrzeug schicken“, erklärt er.
Das Szenario passt zu einem Bericht der Sächsischen Staatsregierung an den Sächsischen Landtag. Demnach würde jeder achte Rettungswagen zu spät eintreffen. Im vergangenen Jahr konnte nur ein einziger Zweckverband, nämlich eben jener aus Nordsachsen, die gesetzliche Hilfsfrist von zwölf Minuten einhalten. Warum im vorliegenden Fall die Retter die Hausnummer nicht fanden, bleibt auch für Bruchner ein Rätsel. „Wir haben dazu nicht mal etwas vermerkt, in der Leitstelle ist nichts eingetragen“, sagt er.
Ob den ratlosen Einsatzkräften ein Navigationsgerät zur Verfügung stand, konnte Bruchner darum auch nicht sagen. „Diese Technik ist erst neu und nur auf den wenigsten Fahrzeugen einsatzbereit installiert.“ Für Jürgen Martens, innen- und rechtspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag ein untragbarer Zustand. „Was für jeden Paket- und Pizzadienst Standard ist, sollte man doch auch für den Rettungsdienst verlangen können.“ Die FDP kritisierte erst dieser Tage die Verspätungen der Retter.
Erschien am 5. August 2008 in der Leipziger Volkszeitung.
und wieder merkt man, dass Politiker keine ahnung haben. einfach ein navi auf ein fahrzeug zu packen klingt zwar logisch, ist aber blödsinn. wenn der rettungswagen 10 einsätze am tag fährt, tippt spätestens nach dem 5. keiner mehr die adresse per hand ein.
es gibt spezielle funkübertragung für diese navis. das muss aber die leitstelle unterstützen und diese technik kostet.