Taucha. Es fällt auf, es ist ein richtig großer Blickfang und es sorgt für Stirnrunzeln: das mächtige Transparent an der historischen Fassade des Modehaus-Gebäudes an der Ecke Portitzer-/Lindnerstraße in Taucha. Die mannshohen roten Buchstaben, die das Wort Sale bilden, sind nicht jedermanns Geschmack. Denn so mancher weiß gar nicht, was das heißt.
Bei vielen Passanten erzeugt eine entsprechende Frage nur Schulterzucken. „Ich käme nie auf die Idee, dass hier günstige Waren angeboten werden. Das ist doch eigentlich schlimm, dass heutzutage alles unbedingt englisch sein muss. Die jungen Leute lernen das, aber wir kommen damit nicht klar“, meint beispielsweise eine 74-Jährige, die lieber anonym bleiben will. Auch eine andere vorübergehende 75-jährige Tauchaerin will ihren Namen nicht verraten, bedauert aber den Verfall der deutschen Sprache. „Wir sind doch Deutsche und sollten dementsprechend auch genügend Nationalstolz besitzen, diese Sprache zu leben. Es gibt so viele schöne deutsche Wörter“, sagt sie. Aber auch jüngere Menschen haben offenbar Probleme mit dem Wort Sale. Peggy Preiß beispielsweise. „Das heißt sicher Ausverkauf“, glaubt die 26-Jährige, die anfügt: „Ältere Leute könnten das aber auch für den neuen Namen des Geschäftes halten.“
Ausverkauf oder ein neuer Name – beides wäre sicher fatal für das Traditionsunternehmen Fischer, das im vergangenen Jahr seinen 175. Geburtstag feierte. Denn von Ausverkauf kann keine Rede sein. Sale steht im Handel für den Abverkauf von Saisonware, vergleichbar also mit dem Winter- und Sommerschlussverkauf. Das Modehaus Fischer allerdings definiert den Begriff anders: „Sale umfasst bei uns einen zeitlich begrenzten reduzierten Verkauf, also auch den Schlussverkauf, der eigentlich erst am 21. Januar beginnt“, so Geschäftsführer Axel Fischer. Er selbst liebe auch eher deutsche Begriffe, müsse sich aber dem Markt anpassen. „Schauen Sie mal in die Stadt oder auch in Zeitungsanzeigen, überall wird der Begriff verwendet. Wenn wir das nicht tun, gelten wir vielleicht als altmodisch“, vermutet er. Dass seine Kunden das Wort nicht verstehen, glaubt er nicht: „Das ist doch mittlerweile üblich.“ Ein treffendes deutsches Wort zu finden sei schwierig, denn „praktisch alle reduzierten Verkäufe unterliegen gesetzlichen Regelungen. Wenn wir etwa Sonderverkauf schreiben, müssen wir das womöglich begründen und bestimmte Bedingungen einhalten“, erklärt Fischer.
Immerhin: Um Verwirrungen bei den Kunden zu vermeiden, hat das Unternehmen unter das Wort Sale in Deutsch „reduziert“ geschrieben. Was aber einem Wortwitz gleichkommt – der Schlussverkauf ist dieses Jahr also offenbar reduziert worden. Und legt man die französische Bedeutung des Wortes zugrunde, so heißt Sale ins Deutsche übersetzt „schmutzig“ oder „schmuddelig“. Für ein Modehaus, egal welches, wäre diese wortwörtliche Übersetzung allerdings alles andere als eine verkaufsfördernde Werbung.
Erschien am 12. Januar 2008 in der Leipziger Volkszeitung.
Wenn man schon jedem BWL-Unsinn nachhecheln muß, dann aber richtig:
Adjusten wir also mal das „Modehaus Fischer“ an einen market und nennen es in future „fashion shop fisher“. Das bringt young customers mit cash und entspricht dem zeitgeist (ist das nicht ein cooles englisches Wort?).
Dear Mr. Fisher, ich verwende durchaus bevorzugt Anglizismen – dort, wo sie hingehören.
Greetings – the axe