Am Montag stand in vielen deutschen Schulen das Thema Europa auf dem Lehrplan. So auch am Geschwister-Scholl-Gymnasium. Während in einigen Städten hochrangige Politiker zu den Schülern kamen, waren es in Taucha wenigstens politisch Interessierte Studenten.
Dorothea Mladenova und Hana Hlaskova vom Europahaus Leipzig waren zu Gast, um die Pennäler für das Thema Europa zu sensibilisieren. „Wir wollen hier keine Meinungen vermitteln sondern aufklären und zeigen, welche Probleme es auf einem Weg in ein gemeinsames Europa noch gibt“, so Dorothea Mladenova, die eigentlich Japanologie studiert. Das Interesse für die EU-Problematik kommt bei ihr und Hana Hlaskova nicht von ungefähr: Dorothea ist Bulgarin, Hana stammt aus Tschechien.
Mit einer elften Klasse führten die jungen Frauen eine Debatte über die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Dabei spaltete sich die Klasse in zwei Lager: Pro und Contra. „Wir haben das vorher festgelegt, wer die Pro- und wer die Contra-Position vertreten soll. Wir wollen auf diese Weise eine Debatte zwischen den beiden Parteien erreichen“, so Dorothea Mladenova. Am Ende mussten die verblieben Schüler abstimmen, auf welche Seite sie sich stellen. Zuvor wurde allerdings ein Eid geschworen. Um Unabhängigkeit und nicht persönliche Überzeugung solle es gehen.
Die Debatten zu Fragen der Religion, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Wohlstand und Wirtschaft sowie Bevölkerungszahl geriet allerdings immer wieder ins Stocken. Zwar hatten die Schüler einige Argumente auf ihren Handzetteln stehen – eine kontroverse Diskussion entstand aber nicht. So wusste mancher, nachdem alle Argumente vorgetragen waren, nicht, wem er nun zustimmen sollte. Birthe Grüneisen beispielsweise vermisste in Fragen der Bevölkerungszahl und des daraus resultierenden politischen Einflusses der Türkei echte Fakten. „So richtig überzeugend war keine Seite“, befand sie.
Vorkenntnisse in Sachen EU hatten die Schüler bereits. „Im Gesellschaftskundeunterricht kam so was mal dran. Das war aber schon letztes Jahr, darum ist es gut, dass das noch mal aufgefrischt wird“, meinte Marius Zschämisch. Insgesamt bescheinigten die Entsendeten des Europahauses den Schülern aber eine gute Note. „Die sind interessiert, fragen nach und bringen bereits viel Wissen mit“, so Hana Hlaskova. Dass die Frage nach dem EU-Beitritt der Türkei am Ende bei den Gymnasiasten eindeutig mit Contra beantwortet wurde, überraschte die Politikinteressierten aber nicht. „Das ist ja auch die landläufige Meinung in der Bevölkerung.“
Bei der anschließenden Doppelstunde mit den Teilnehmern des Geschichtsleistungskurses wurde die Problematik einer gemeinsamen EU-Verfassung behandelt. Dabei ging es um Themen wie EU-weite Normen oder Grenzkontrollen. Selbst für Geschichtslehrer Michael Wagner war vieles noch Neuland. „Sicherlich weiß man so die groben Dinge, die man jeden Tag in den Nachrichten hört, aber jedes Detail ist nicht bekannt. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum viele Menschen Skepsis haben vor einer Erweiterung der EU und der Europäischen Gemeinschaft insgesamt“, so der Pädagoge.
Und so waren Dorothea und Hana am Ende froh, im 50. Jahr der europäischen Verfassung einen kleinen Beitrag zur Verständigung beigetragen zu haben.
Erschien am 24.01.2007 in der Leipziger Volkszeitung.