Vom Rollfeld bis zum Terminal: Neue Leitwarte überwacht Energietechnik

Mit der Modernisierung der Netzleittechnik entstand am Airport eine der modernsten Leitwarten für Flughafenstromversorgung: Alle Stromflüsse können auf einer Anzeigetafel visualisiert werden.

Artikel erschien im Magazin „Towerblick“ des Flughafens Leipzig-Halle. Texterstellung im Auftrag von Heimrich & Hannot. Download als PDF

Mittwochmorgen auf dem Flughafen Leipzig/ Halle. In der Zentralstation, einem Gebäude neben dem noch im Bau befindlichen Kontrollpunkt 1, sitzt Steffen Pawlak. Der Sachbearbeiter für Stromversorgung und Netze blickt auf die 4,5 Quadratmeter große Anzeigetafel vor ihm. „Hier in der Leitwarte überwachen wir die komplette Energietechnik des Airports“, erklärt der Elektromeister und klickt sich in einen Teilbereich. „Wir sehen hier, dass im Terminal B alles wie gewünscht funktioniert“, sagt er zufrieden. Die Werte wie Strom, Spannung und Leistung sind im gewünschten Rahmen, auch die Notbeleuchtung funktioniert, wie sie soll, Sicherheitsbereiche werden mit der nötigen Energie versorgt. All das lässt sich zentral am Computerarbeitsplatz in der neuen Leitwarte ablesen. „Und steuern, also schalten“, so Pawlak. So wäre es möglich, mit wenigen Mausklicks den gesamten Flughafen auszuschalten. „Dann würde ich aber wohl ziemlichen Ärger bekommen“, schmunzelt er. Denn alles, was er im System anstellt, wird protokolliert. „Jeder Mitarbeiter ist mit einem Passwort eingeloggt. So ist immer sichergestellt, dass genau nachvollzogen werden kann, wer welche Systeme geschaltet hat und ob Störungen auch wirklich beseitigt wurden“, sagt Pawlak.

Störungsarten gibt es viele. „Wenn etwa die Notbeleuchtung fehlerhaft ist, springt dies als Meldung sofort in den Vordergrund unserer Monitore. Dann lässt sich der Bereich über die große Anzeigetafel leicht eingrenzen. Wir können dann hier sehen, welchen Bereich es betrifft und eine entsprechende Reparatur einleiten oder selbst vor- nehmen“, sagt Andreas Elze, der als Gruppenleiter Elektrotechnik Herr über 20 Mitarbeiter ist. „Uns hilft die neue Leitwarte sehr“, sagt Elze und fügt hinzu: „Auch wenn so eine Anlage nie den Menschen ersetzen kann, trägt sie doch insgesamt zu mehr Sicherheit und Zuverlässigkeit bei.“ Um die Anlage bedienen zu können, seien umfangreiche Schulungen und große Sachkenntnis nötig. „An einem Airport ist die Elektrotechnik sehr weit gefä- chert. Solch eine Vielfältigkeit findet man in der Industrie kaum“, begründet Elze.

Die Leitwarte mit ihrer großen Rückprojektionswand ist gewissermaßen das zentrale Nervensystem des Flughafens. Rund 10.000 Datenpunkte, so schätzen die Elektromeister, laufen hier zusammen und können auf einen Blick eingesehen werden. „Die roten Strecken zeigen die Mittelspannung an, die gelben die 400-Volt-Leitungen und die grünen sind die 690-Volt-Leitungen“, zeigt Steffen Pawlak mit dem Mauszeiger. Die 690-Volt-Leitungen werden benötigt, um Umformer zu versorgen. Diese Maschinen erzeugen aus den 690 Volt eine Spannung von 115 Volt mit einer Frequenz von 400 Hertz. „Die benötigen die Flugzeuge, die hier stehen. Diese Bodenstromversorgung ist wichtig, damit die Hydraulik und alle elektrischen Systeme an Bord trotzdem funktionieren, auch wenn die Turbinen ausgeschaltet sind“, erklärt Pawlak. Am wichtigsten sind aber die blauen Linien auf dem virtuellen Schaltbild. „Das sind die Notstromsysteme. Hier darf nie ein Fehler auftreten“, sagt Andreas Elze. Das wäre auch recht ungewöhnlich, immerhin sind diese unterbrechungsfreien Stromversorgungen mehrfach abgesichert. Fällt eine Stromquelle aus, springt eine andere an. Mehrere riesige Dieselaggregate sorgen u. a. im schlimmsten Fall dafür, dass am Flughafen nicht die Lichter ausgehen. Und auch die Daten sind sicher. Die Server sind ebenfalls redundant, also an verschiedene, unabhängige Stromkreise angeschlossen.

Für die Leitwarte kommen Technik und Know-how von Siemens zum Einsatz. Technik, die auch zukunftssicher ist, wie die Experten sagen. „Die Anlage ist ausbaufähig. Wir könnten also weitere Gebäude und neue Bereiche des Flughafens hinzuschalten“, erklärt Steffen Pawlak. Komfort, den es vorher nicht gab. „Wir hatten nur ein einfaches Mosaikschaltbild. Das hatte irgendwann seine Grenzen“, sagt Pawlak und schnappt sich seine Jacke. „Ich muss jetzt ins Terminal B“, sagt er. Die gesamte Stromversorgung des Flughafens kann er trotzdem überwachen:
„Wenn es eine Störung gibt, bekomme ich die als SMS aufs Handy. Noch etwas, das unsere alte Anlage nicht konnte“, schmunzelt er.