Mit den Leipziger Verkehrsbetrieben und den Stadtwerken Leipzig präsentierten sich heute beim Webmontag Mai zwei kommunale Unternehmen, die seit kurzem in sozialen Netzwerken aktiv sind. Veranstaltungsort war der Speisesaal des Gas- und Dampfkraftwerkes in der Eutritzscher Straße.
Die Ansätze, die beide 100-prozentigen Stadt-Töchter verfolgen, sind völlig unterschiedlich. Das eine Unternehmen geht strukturiert an die Sache, hat bereits erfolgreiche Marketingaktionen durchgeführt und echte Ziele. Das andere Unternehmen… sind die Stadtwerke Leipzig. Das zumindest war mein bleibender Eindruck von der heutigen Veranstaltung. Der Reihe nach:
Social Media zur Image-Stärkung
Als im Winter 2010/2011 die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) vom Winter regelrecht überrascht wurden, sahen sie sich nicht nur plötzlich einem gewaltigen technischen Problem gegenüber, sondern vor allem auch einem kommunikativen. Es gab keine Plattform, um die Kunden gezielt und schnell zu informieren, welche Strecken frei sind, welche Bahn fährt und wann. Was dann folgten, waren nicht nur Unmutsbekundungen der Zielgruppe, sondern vor allem interne Lösungsansätze. Kommunikationsrichtlinien wurden beschlossen sowie ein Verkehrsinformationstool (VIT) eingeführt. Dieses informiert Fahrgäste über Baustellen und aktuelle Behinderungen. Im Dezember 2011 wurde dieses mit Twitter gekoppelt, mittlerweile finden auch echte Dialoge zwischen LVB und Kunden bei Twitter statt.
Am 12. März folgte dann die Facebook-Seite, die mit der Aktion „Komm auf die Bahn“ startete. „Eine Aktion, bei der das eigene Facebook-Profilbild auf eine Straßenbahn gebracht werden kann“, erzählte Marc Backhaus, der gemeinsam mit Sylvia Wyzisk bei den LVB für Social Media verantwortlich ist. Von 230 Teilnehmern blieben am Ende rund 100, die mittels ihrer Unterschrift ein wirkliches Interesse anmeldeten. Feste Rubriken auf der Facebook-Seite sollen dabei helfen, Fans zu halten und neue zu generieren. Dafür wird meist neuer Inhalt produziert, anstatt auf bereits vorhandenes zurückzugreifen. In „Sylvias Welt“ etwa berichtet die Social Media Assistentin rund um LVB-Themen. Animationsfilme und andere Videos erklären Zusammenhänge, Geschäftsführer geben Interviews und so weiter.
All das, sowie die sehr gute Resonanz auf die Offline-Aktion „Stoppt den Benzinpreiswahnsinn“, die auch auf die Facebook-Seite positiv einzahlte, sorgten für ein kontinuierliches Fanwachstum. Als Ziele wurde der weitere Ausbau der Kanäle Twitter und Facebook sowie die Steigerung der crossmedialen Nutzung genannt.
Zweitverwertung bestehender Inhalte
Mit völlig anderem Ansatz sind seit Ende Januar diesen Jahres die Stadtwerke Leipzig auf Facebook. Als Ziele nannte Mitarbeiter Ronny Frölich die direkte Kommunikation mit den Bürgern, aber auch das Zeigen der Verbundenheit mit Leipzig und die Integration in die Region. Was kein schlechtes Ansinnen ist, wenn man es richtig macht. Die Stadtwerke sind, nicht nur in Leipzig, Vorreiter beim Ausbau von regenerativen Energien. Bundesweit investieren Stadtwerke am Meisten in Kraft-Wärme-Kopplung, Windenergie, Biomasse. Und sie setzen sich nachhaltig für die Stadt und ihre Einwohner ein. All das sind Themen, die man auf Facebook spielen könnte. Doch stattdessen verbreitet man auf Facebook nur die Themen, die ohnehin verbreitet werden, weil sie gerade da sind. Eigener, wirklich exklusiver Inhalt wird für die Facebook-Seite nicht generiert. Es gibt zwar einen Themenplan, der orientiert sich aber vor allem an saisonalen und unternehmensinternen Meilensteinen. So wirkt die Facebook-Seite wie ein zweites Kundenmagazin, das aber nur an sehr wenige Kunden verschickt wird.
„Facebook soll die Marke stärken und erlebbar machen“, so Ronny Frölich. Was mit den bisherigen Mitteln nur schwer funktioniert. Seit Januar wurden gerade mal 28 Posts verfasst, inklusive der Live-Berichterstattung vom Stadtwerke-Marathon. Wenn man bedenkt, dass laut Facebook ein Post nur 16 Prozent der Fans erreicht, ist das eine wahrlich schlechte Rate, die auch den verhaltenen Fanzuwachs seit Januar (gestartet mit rund 100 Fans) bis heute (232) erklärt. Mehr sei aber laut Ronny Frölich nicht zu leisten, das Engagement bei Facebook ohnehin ein Test. Der sich aber trotzdem bislang gelohnt hätte. Lieber spreche man mit 230 engagierten Fans, als mit einer grauen Masse.
Die anschließende Diskussionsrunde brachte Einblicke in die Arbeit der Social Media Manager beider Unternehmen. Sowohl Ronny Frölich als auch Marc Backhaus bestätigten, dass sie Rückhalt im Team bekämen und dass intern ein Kulturwandel stattfinden müsse, was die Lösung von Problemen und das Zusammenarbeiten von Abteilungen anginge. In ihrer Entscheidungsgewalt, was thematisiert wird, seien sie recht frei. Bei Nachfragen von Kunden und Interessenten suche man dann wieder die Rückkopplung zu den Fachbereichen.
Insgesamt eine schöne und lehrreiche Veranstaltung, die der Verein Kreatives Leipzig organisiert hat. Den nächsten Webmontag gibt es dann im Juni.
Hinweis: Die Leipziger Verkehrsbetriebe werden konzeptionell beraten von der Agentur medienrauschen. Ich bin auch freier Mitarbeiter der Agentur von Thomas Gigold, bin in das Projekt aber nicht involviert.