Webmontag: Leipzigs Facebook-Seite zwischen Tourismus und Politik

Was haben die Stadtverwaltung und die Leipzig Tourismus und Marketing (LTM) GmbH mit ihrer Facebook-Seite vor und wie kann die Kreativwirtschaft bei dem Entwicklungsprozess helfen? So in etwa lässt sich der Kernpunkt und Grund des gestrigen Zusammentreffens beim Webmontag in der Kleinen Träumerei zusammenfassen. Auslöser war die Übernahme der ehemaligen privat geführten Facebookseite leipzigcity durch die LTM. Selbige löste ein wenig Verwirrung bei Stadträten und Kreativen aus, es wurde befürchtet, die Seite könne sich zum Marketinginstrument der Tourismusförderung entwickeln.

Man muss, soviel schon vorab, dem Verein Kreatives Leipzig dankbar sein und vor ihm den Hut ziehen, dass er es in kurzer Zeit geschafft hat, alle Beteiligten zusammen zu bringen. Und man muss der LTM dankbar sein, sich den Bedenken der Kreativwirtschaft gestellt zu haben. Geschäftsführer Volker Bremer, dessen Assistentin und „New Media Managerin“ Jamina Jahnel waren ebenso anwesend wie der stellvertretende Stadtsprecher Volker Rasch sowie die Onlineredakteure Therese Jonas und Bolko Kosel. Nicht am gleichen Tisch, aber immerhin in Sichtweite saßen Oliver Dorausch, Fraktionsgeschäftsführer der FDP, Andreas Nowak, Vorsitzender der CDU Leipzig-Nordost sowie CDU-Stadtrat Ansbert Maciejewski. Später kam auch noch Jürgen Kasek, Sprecher der Leipziger Bündnisgrünen dazu.


Volker Bremer legte zu Beginn noch einmal aus seiner Sicht dar, warum die LTM geeignet sei, die Facebook-Seite zu führen. „Wir haben mit der Seite unserer Zeitschrift Näher dran bereits 1000 Fans erreicht und glauben, dass ein Unternehmen mit 30 Mitarbeitern einfach mehr Stärke besitzt als eine Privatperson. Wir sind recht zeitig in die Verhandlungen mit dem privaten Ersteller der Seite getreten und haben ihn schlussendlich davon überzeugen können. Das ist immer noch besser, als wenn ein privatwirtschaftliches Unternehmen wie Unister zugeschlagen hätte“, meinte er. Seine Assistentin und jetzige Beauftragte für Social Media der LTM, Jamina Jahnel, sei „sehr geeignet“, diesen Posten auch zu übernehmen.

Bremer stellte auch noch einmal klar, dass der FDP-Antrag, eine Facebook-Seite für Leipzig einzurichten, unabhängig von den Bemühungen der LTM passierte. Vielmehr liefen die Bemühungen der LTM bereits, als der Antrag eingereicht wurde. Dieser Fakt offenbarte, was an diesem Abend nur allzu deutlich wurde: Es mangelt im Rathaus und zwischen der LTM und den Stadträten an Kommunikation. So warf Dorausch der LTM vor, nicht mit den Stadträten zu sprechen, Bremer seinerseits erwiderte, bereits mehrfach zu Gesprächen eingeladen zu haben und „überraschenderweise nur die Linke in Fraktionsstärke am Tisch gehabt zu haben“. Insofern hier wieder ein Punkt für den Verein Kreatives Leipzig, dass endlich mal miteinander gesprochen wurde – was selbstverständlich sein sollte. Auch Bremer bezeichnete es später als „Gewinn, dass wir uns hier mal kennenlernen.“ Eigentlich eine peinliche Angelegenheit.

Nach mehreren Minuten politischen Schlagabtauschs ging Thomas Wagner vom Verein dazwischen und brachte die Diskussion souverän zurück auf die Sachebene. So blieb die Frage nach dem inhaltlichen Konzept für die Leipziger Facebook-Seite nicht unbeantwortet. Jamina Jahnel legte dar, dass die Seite als Teil des Gesamtangebotes an Kommunikation der Stadt Leipzig zu verstehen sei. Zielgruppen seien die so genannten Leipzig-Fans. „Das sind Touristen, also Individualreisende und Geschäftsreisende, aber auch potentielle Gäste, sowie Ex-Leipziger, Bürger der Stadt, Partner der LTM und die Medien“, sagte sie und zerstreute zugleich Bedenken, eine rein tourismuslastige Seite zu gestalten. Dieser Eindruck offenbarte sich allerdings in den ersten Tagen der Übernahme durch die LTM. Da wurden Broschüren online gestellt, der LTM-Youtube-Kanal eingebunden und gestern ohne nähere Erklärung zahlreiche Pressefotos der LTM online gestellt.
So fragte dann auch Thomas Wagner, wie die inhaltliche Umgestaltung der Seite zu erklären sei. Immerhin wäre der Hauptteil der bisherigen Fans der Seite doch Leipziger. LTM-Geschäftsführer Volker Bremer hielt das für nicht belegbar und meinte eher, dass die Nicht-Leipziger überwiegen würden. Eine optimale Vorbereitung auf diesen Termin wäre ein Blick in die Facebook-Statistiken und ein Auszug derer gewesen, was aber offenbar nicht passierte.

Inhaltlich würde sich die LTM sehr stark mit der Stadt Leipzig absprechen, die eigene Arbeit auf der Facebook-Seite unter Beachtung journalistischer Qualitätskriterien verstehen, so Jamina Jahnel. Alle Facetten Leipzigs sollen auf der Seite angesprochen und gezeigt werden, ausdrücklich sei Dialog erwünscht und würde gefördert. Zudem sei man, so Jahnel, im Prozess und müsse „natürlich erst einmal sehen, wohin es geht. Der User gibt die Richtung vor, er entscheidet über das Konzept.“ Und Volker Bremer fügte an, durch die Zusammenarbeit von Online-Redakteuren der Stadtverwaltung, der LTM und den Mitarbeitern der Ressorts in Rathaus hätte sich die bisherige Leistung verzigfacht.

Am Ende blieb, was bislang bereits bekannt war: Die Stadtverwaltung konzentriert sich aus Geld- und Personalknappheit auf den anstehenden Relaunch von leipzig.de und legt im vierten Quartal ein eigenes Nutzungskonzept für die Social Media-Kanäle der Stadt vor. So lange betreut die LTM in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung die Facebook-Seite nach dem eigenen Konzept. Jamina Jahnel unterstrich nochmals, dass man offen sei für Anfragen und den Prozess zusammen gestalten könne. Die direkte Gesprächsmöglichkeit im Anschluss nutzten allerdings nur wenige der Anwesenden.

3 Gedanken zu „Webmontag: Leipzigs Facebook-Seite zwischen Tourismus und Politik

  1. Mein Dank auch hier an alle Anwesenden, die Vertreter des LTM und der Stadt Leipzig sowie den Politikern aus den Fraktionen.

    Und mein ganz speziellen Dank an Daniel für die gute Zusammenfassung.

  2. Das ist, für jemanden wie mich, der mittlerweile sehr an Leipzig interessiert ist, eine außerordentlich gute Zusammenfassung. Verfolge derzeit gespannt das online-Leben der Leipziger und hoffe, demnächst dazu stoßen zu können. Gruß!

  3. Der gestrige Abend erweckte in der Tat den Eindruck die LTM habe aus den Verfehlungen der Vergangenheit gelernt. Das ist sehr gut. Nicht nur für die LTM selbst, sondern auch für Leipzig.
    Wie „geeignet“ Frau Jahnel wirklich als Social Media Beauftragte ist, wird sich mit der Zeit zeigen. Ebenso, welche Zielgruppen im Endeffekt wirklich über diese Facebook-Seite angesprochen werden. Meiner Einschätzung nach geht die LTM noch ein wenig zu steif und statistiklastig an das Thema Social Media heran. Hier ist vieles einfach „Bauchsache“, vor allem was die Interaktion mit Usern angeht. Ob das Konzept der LTM in diesem Punkt flexibel genug ist um sich den Gegebenheiten anzupassen bleibt zu hoffen, denn eines sollte inzwischen auch dort angekommen sein: RICHTIGES Social Media Marketing ist um so erfolgreicher je stärker die User eingebunden werden.
    In diesem Sinne wünsche ich der LTM und besonders Frau Jahnel viel Glück bei dieser Aufgabe, ich bin sicher nicht der einzige Kreativling der weiterhin kritisch beobachtet.

    Dass die Stadt(verwaltung) sich vorerst komplett dem Bereich Social Media heraus hält war im Anbetracht des Relaunches der Stadt-Webseite „leipzig.de“ im Herbst zu erwarten. Zeitgleich mit dem Relaunch soll dann angeblich ein Konzept zur Social Media Nutzung vorgestellt werden… ich ahne Schlimmes, wir sprechen hier immerhin über einen recht großen Verwaltungsapparat der im technischen Bereich (also auch Web im Allgemeinen) nur recht wenig kompetente Köpfe hat. Diesen wird (mutmaßlich) zusätzlich durch internes Kompetenzgerangel die Arbeit unnötig erschwert. Gesagt hat das gestern so direkt niemand, aber zwischen den Zeilen der Diskussion entstand genau dieser Eindruck.

    Wenigstens konnte mit den wilden Spekulationen und Verwirrungen um eine eventuelle Beteiligung der Stadt an besagter Facebook-Seite aufgeräumt werden. Ebenso mit den Wirren um den Antrag der FDP für eine eigene Leipzig-Facebook-Seite, der ja abgelehnt wurde.

    Mein Fazit des gestrigen Abends: Stellenweise amüsant, mit einigen Längen, aber im Großen und Ganzen interessant. Schauen wir wie es sich entwickelt…

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