Es ist die Nacht von Montag auf Dienstag. Kurz vor null Uhr stehen Christian Nowak und seine Freundin vor ihrem Plattenbau in Grünau. Sie warten auf ein Taxi. Das soll sie aber nicht von A nach B bringen. Das Paar bekommt gleich eine Lieferung. Was sich dubios anhört, klärt sich schnell auf: beide sind leidenschaftliche Spieler des Online-Rollenspiels „World of Warcraft“ und erhalten die erste Erweiterung „Burning Crusade“ pünktlich um Mitternacht ausgehändigt.
Acht Millionen Spieler weltweit tauchen täglich in die düstere, digitale „Welt der Kriegskunst“ ein. Auf zwei Kontinenten leben in Wäldern, Wüsten, Städten und Dörfern zwei Fraktionen: die Allianz und die Horde. Die eine gut, die andere schlecht kämpfen sie ums Überleben, erlernen Berufe und bauen sich Existenzen auf. Ziel des Spieles ist es, möglichst viele Erfahrungspunkte zu sammeln. Die Erweiterung „Burning Crusade“ („Brennender Kreuzzug“) wurde bei den Fans sehnsüchtig erwartet. Auch die beiden Leipziger wollten nicht länger warten und ließen sich das Spiel direkt an die Haustür bringen.
Angeboten wurde der Service vom Computerladen „Zur 48“ in Lindenau. „Das war eine spontane Idee“, sagt Inhaber Rainer Flohr. Weil viele Kunden nachgefragt hätten, ob das Geschäft – ähnlich wie einige MediaMärkte in Deutschland – auch nachts geöffnet hat, musste Flohr handeln. „Aus rechtlichen Gründen darf ich nicht einfach so einen Mitternachtsverkauf starten, darum wählten wir die Taxi-Variante“, so der 35-Jährige.
Zehn Minuten vor null Uhr ist Taxifahrer Ralf Schult bei dem jungen Pärchen. In der rechten Hand eine Tüte, in der sich das heiß begehrte Spiel befindet. In der anderen Hand eine Flasche Sekt. „Zur Feier des Tages, weil die beiden wahrscheinlich die ersten in Leipzig sind, die die Erweiterung bekommt“, informiert der 46-Jährige. Normalerweise fährt er Personen an das Ziel ihrer Wünsche. „So etwas wie heute habe ich aber noch nicht gemacht“, sagt Schult, der 20 Jahre Berufserfahrung hat. Und während die Zeit nicht vergehen möchte, zappelt Christian Nowak herum wie ein Raucher, der nach drei Tagen Enthaltsamkeit wieder nach dem Glimmstängel verlangt. Doch Ralf Schult bleibt hart. „Ich darf das Spiel erst null Uhr übergeben, sonst droht Vertragsstrafe.“
Süchtig nach dem Spiel sei Christian nicht, wie er sagt. Ihn und Freundin Anika verbinde mit „World of Warcraft“ sowieso viel mehr. „Wir haben uns durch das Spiel kennen gelernt“, sagt die 22-Jährige. Zuerst spielten sie gegeneinander, kommunizierten innerhalb der Phantasiewelt. Nach dem ersten Treffen spielten sie dann miteinander. Seit anderthalb Jahren sind die Studentin und der Zeitsoldat ein Paar. Die Liebe zum Spiel blieb und ist noch heute Bestandteil ihrer Beziehung.
Auch Katja Tischer aus Stötteritz ist leidenschaftliche Zockerin von „WoW“, wie die eingefleischten Fans das Spiel nennen. Auch sie bekam die Erweiterung in der Nacht geliefert. „Ich hätte sicher bis zum Vormittag warten können, aber da das Spiel sehr begehrt ist, bestand die Gefahr, dass es ausverkauft ist. Auf eine Nachlieferung warten zu müssen wäre keine schöne Vorstellung gewesen“, sagt die 30-Jährige. Ihren Freund Jan hat sie dabei auf ihrer Seite. „Er spielt auch und ihm muss ich nicht erklären, warum WoW keine Teufelei sondern ein Hobby ist. Es gibt Leute, die stundenlang vor dem Fernseher hängen. Wir haben seit Jahren kein TV-Gerät mehr und tauchen lieber in eine Phantasiewelt ein“, positioniert sie sich. Und auf die Frage, ob sie nicht trotzdem manchmal zu viel spielt, antwortet sie: „Möglich. Manchmal lese ich aber auch viel zu lange. Und wieder manchmal gehe ich zu oft ins Kino.“
Etwa hundert Spiele lieferten Ralf Schult und seine Kollegen vom „Taxi mit der Mütze“ in der Nacht aus. Im gesamten Stadtgebiet und bis nach Zwenkau und Naunhof, wie zu erfahren war. Christian Nowak testete gleich noch in der Nacht das Spiel. „Ich habe extra Urlaub genommen, die Zeit muss genutzt werden“.
Erschien am 17. Januar 2007 in der Leipziger Volkszeitung.
… WoW-Jünger mit kalten Füßen: Meterlange Schlangen für The Burning Crusade
War um 00 Uhr in Köln, es war die Hölle. Scheibe vom Media Markt zerbrach von der Menschen Menge.
Hilfe, das klingt nicht gut. 🙂
Das sind aber Hinnacks
Das freut mich echt für die beiden das Die das Spiel bekommen haben.Sie haben es sich echt verdient denn Sie sind wohl süchtig….fg
Bei uns in Dortmund wurde sogar mit Waffen vor den Toren hantiert wegen dem Spiel..Ist das normal?
Ich kann bezeugen das es schon in eine, sagen wir mal , Art Süchtigkeit ausgeartet ist … auch wenn er es nicht wahrhaben will
Das wäre natürlich ein schönes Zitat für den Artikel gewesen, liebe Schwester. Naja, beim nächsten mal, okay?
*hust*
nur weil man spass an einer sache hat und sie zu genießen weiss muss man doch nicht süchtig sein…
und eine bessere abwechslung zum Tagesstress, kann ich mir momentan nicht vorstellen.
Dazu kann ich auch leider nur sagen Wer diese Erfahrung selber für sich noch nicht erschlossen hat sollte nicht voreilig über andere Urteilen..
Kleine Privatfehde hier gegen das Schwesterchen? 🙂 Freut mich, dass ihr hier her gefunden habt, hehe.